E-Autos: DB Bahnbau Gruppe will bei Ladeinfrastruktur mitmischen
E-Autos gelten als Zukunftsmarkt – und auch das interne Bauunternehmen der Deutschen Bahn AG (DB), die DB Bahnbau Gruppe, will in dem Geschäft mitmischen. Dazu hat sie einen Rahmenvertrag mit dem Unternehmen Amperfied geschlossen, einer Tochter der Heidelberger Druckmaschinen AG. Was verspricht sich die DB vom Einstieg in das Geschäft? Und welche Projekte gehen die beiden Partner als erste an?
Die Zulassung von E-Autos in Deutschland schwächelte zuletzt zwar. Dass der Elektro-Pkw jedoch eine große Zukunft hat, daran zweifelt kaum jemand. Allein im Jahr 2023 stieg die Zahl der Neuzulassungen um 11,4 Prozent auf rund 524.000. Mit Stand 1. Januar 2024 waren somit mehr als 1,4 Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs. Ihre Zahl hat sich seit 2020 mehr als verzehnfacht.
Was derzeit allerdings noch fehlt, ist eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Die soll in den nächsten Jahren kommen – und die DB hofft, sich von dem Geschäft eine Scheibe abschneiden zu können. Im Februar wurde die Partnerschaft zwischen der DB Bahnbau Gruppe und Amperfied bekannt gegeben. Das Unternehmen aus Walldorf (Baden-Württemberg) beschäftigt derzeit rund 60 Mitarbeiter und bietet sowohl Wallboxen für das einfache Laden von
E-Autos zuhause, als auch die Ausstattung von Parkplätzen von Unternehmen mit intelligenten, benutzerfreundlichen und eichrechtskonformen Ladestationen.
Warum aber sieht sich der Bahnkonzern gut aufgestellt für das Geschäft mit E-Auto-Ladeinfrastruktur? Für die DB Bahnbau Gruppe sei die Partnerschaft eine sinnvolle Ergänzung, sagt Fabian Deipenbrock, Leiter Elektromobilität des Unternehmens. „Als internes Bauunternehmen der DB AG verfügen wir über die notwendige Erfahrung im Tiefbau. Zudem haben unsere Mitarbeiter bereits wiederholt Projekte im Bereich der Elektromobilität sowohl DB intern als auch für externe Kunden durchgeführt.“
Künftig würden diese Projekte deutlich mehr werden, erläutert Deipenbrock. Denn auch die Park-&-Ride-Plätze an den Bahnhöfen müssten ab 2025 einen höheren Anteil an Stellplätzen für E-Mobile vorweisen. Zudem will die DB Bahnbau Gruppe in dem Geschäftsbereich auch verstärkt als Dienstleister für andere Unternehmen wie Busunternehmen oder der Abfallwirtschaft auftreten. Einher geht der Einstieg ins Ladeinfrastruktur-Geschäft mit internen Veränderungen bei der DB Bahnbau Gruppe: Seit dem 1. April 2023 wird der Bereich Elektromobilität neu aufbaut.
Bei den Projekten mit Amperfied ist geplant, dass die DB-Tochter als Baudienstleister im Hintergrund auftritt. Direkter Ansprechpartner für die Kunden soll dagegen das Walldorfer Unternehmen sein. Konkrete Projekte wollen die beiden Partner noch nicht nennen. Der Rahmenvertrag sei ja noch nicht sehr alt, heißt es. Erste Gespräche sowie Vorplanungen gäbe es aber bereits.
Dabei kommen die Amperfied-Lösungen mit einem sogenannten Lastmanagement daher. Es sorgt für einen Ausgleich zwischen dem Ladebedarf der Fahrzeuge, dem sonstigen Energiebedarf des Gebäudes und der maximal zur Verfügung stehenden Energie. Möglich sind ein statisches, ein dynamisches, ein integriertes oder ein fahrplanbasiertes Lastmanagement. Bei der statischen Variante wird festgelegt, wie viel Strom die Ladeboxen maximal abgeben dürfen, um die Versorgung des Gebäudes nicht zu beeinträchtigen, und dieser dann gleichmäßig auf die angeschlossenen Ladestationen verteilt. Beim dynamischen Lademanagement wird über ein zusätzliches Energiemessgerät ermittelt, wie viel Strom jeweils gerade zur Verfügung steht. Der Strom an den Ladestationen wird dann dynamisch an die verfügbare Leistung des Gebäudes angepasst.
Für Verkehrsbetriebe besonders interessant ist die Möglichkeit des fahrplanbasierten Lastmanagements. Dabei erhalten die einzelnen Ladepunkte unterschiedliche Ladeleistungen, je nachdem, wann für ein Fahrzeug die nächste Tour beginnt. Fahrzeuge, die früher wieder fahrbereit sein müssen als andere, erhalten eine höhere Ladeleistung, sodass sie zu Beginn jeder Tour optimal geladen sind. Zudem bietet Amperfied die jährliche Wartung und den Support der Ladestationen sowie auf Wunsch die Betriebsführung und Modelle zum Mieten von Ladeinfrastruktur an.
Entwickelt wurden die Ladegeräte sowie die Steuerungselektronik direkt von der Heidelberger Druckmaschinen AG. „Das Unternehmen schöpft dabei aus mehr als 170 Jahren Erfahrungen bei der Herstellung hochwertiger Druckmaschinen“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. „Jeder Fehler und Defekt führt bei Druckmaschinen zu einem Produktionsausfall, den es unbedingt zu vermeiden gilt.“ Das Know-how aus diesem Kerngeschäft habe die Heidelberger Druckmaschinen AG auf den Wachstumsmarkt der Ladelösungen für die Elektromobilität übertragen, so der Sprecher.
Bei der Heidelberger Druck AG werden die Wallboxen und die Ladesäulen auch gefertigt. Amperfied konzentriert sich dagegen auf die Entwicklung von Hard- und Software, das Marketing, den Vertrieb sowie den die Ladegeräte direkt betreffenden Service, sagt Lukas Schmitt, Head of Operations & Business Analytics bei dem Unternehmen. Die Planung der Ladeinfrastruktur, den Tiefbau, das Verlegen der notwendigen Kabel und die Bauausführung übernimmt in Zukunft dagegen die DB Bahnbau Gruppe für Amperfied.
Ein gutes Geschäft versprechen sich die beteiligten Unternehmen zunächst in Deutschland. Nach dem Gebäude- und Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) sollen Wohn- und Nichtwohngebäude mit größeren Parkplätzen ausgestattet werden, damit Ladepunkte geschaffen und Elektrofahrzeuge leichter zu Hause, am Arbeitsplatz oder bei alltäglichen Besorgungen aufgeladen werden können. So soll, wer ein neues Wohngebäude mit mehr als fünf Pkw-Stellplätzen baut (bisher zehn), ab dem 1. Januar 2025 künftig Leitungsinfrastruktur berücksichtigen müssen. Bei neuen Nichtwohngebäuden muss ab mehr als sechs Stellplätzen mindestens jeder dritte Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur ausgestattet und zusätzlich ein Ladepunkt errichtet werden (bisher war es ab zehn Stellplätzen jeder fünfte).
Die Heidelberger Druckmaschinen AG will zudem noch einen weiteren Vorteil für das Geschäft nutzen: Das Unternehmen ist international sehr gut aufgestellt. Das soll dabei helfen, weitere Märkte im Ausland zu erschließen. Eine Strategie dafür gibt es auch schon: Im nächsten Schritt will man sich auf den europäischen Raum konzentrieren, insbesondere auf Italien und Polen. (Renate Bader)
Diese Geschichte ist dem aktuellen Bahn Manager entnommen (Heft 3/2024). In der gedruckten Version wurde der Name von Amperfied falsch geschrieben hineinredigiert und das Unternehmen fälschlicherweise als britisch bezeichnet. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.