Prozessautomatisierung - Bot stemmt 70.000 D-Ticket-Anträge ins System
Bei Robotic Process Automation (RPA) handelt es sich nicht etwa um den Einsatz cleverer Maschinen aus Draht, Schrauben und Stahlblech, sondern um spezialisierte IT-Routinen, die gekoppelt mit KI große Datenmengen automatisch verarbeiten können. Wir haben mit der RPA-Spezialistin Sabrina Atazai, Projektmanagerin Hyper Automation bei T-Systems, über Einsatzszenarien von Bot-basierter Prozessautomatisierung im Bahnsektor gesprochen.
Frau Atazai, was verbirgt sich hinter dem Begriff der Robotic Process Automation?
Im Zuge von RPA setzen wir digitale Software-Roboter ein, die klar strukturierte, sich wiederholende Aufgaben erledigen. In der Regel sind das Tätigkeiten, die vormals händisch von Menschen erledigt werden mussten. Mit RPA lassen sich große Datenmengen in relativ kurzer Zeit automatisiert abarbeiten.
Kann man bei einem RPA-Bot von einer intelligenten Software reden?
Nein, so ein Bot ist als Ausführungsroutine an sich relativ stupide. Ohne eine KI kann er erst einmal gar nichts machen. Man könnte also sagen, dass KI als lernendes Element die intellektuelle Vorarbeit leistet und dafür sorgt, dass Informationen verstanden werden. Im Anschluss können Prozesse mit Bots automatisiert werden. Man muss RPA also immer in Kombination mit einer anderen Automatisierung wie beispielsweise KI sehen.
Gibt es ein Beispiel aus dem Verkehrssektor, wo RPA zum Einsatz kommt?
Eines unserer RPA-Projekte ist im Umfeld des Deutschlandtickets angesiedelt. Wir haben von einem renommierten Mobilitätsanbieter den Auftrag bekommen, in nur anderthalb Monaten spezifische Prozesse zur Antragsabwicklung des Deutschlandtickets zu automatisieren. Viele Unternehmen in der Verkehrsbranche arbeiten noch nicht voll digital, was sich deutlich in der Antragsverarbeitung niederschlug. So wurden zahlreiche Formulare händisch ausgefüllt und an den Dienstleister geschickt. Bei erwarteten 70.000 D-Ticket-Anträgen kam natürlich einiges an Erfassungs- und Eingabearbeiten auf unseren Auftraggeber zu. Deshalb bekamen wir den Auftrag, die Eingabe der Anträge zu automatisieren.
Der Bot hat also Mitarbeiter, die einzelne Formulare per Hand eingeben, ersetzt?
Ja, genau. Der digitale Bot ist so gebaut, dass er eingehende Anträge ausliest und dann an einen weiteren Bot übergibt, der wiederum die ausgelesenen Informationen in das interne System des Kunden einträgt. In diesem speziellen Beispiel konnte das Unternehmen seine zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen schonen. Und dem Team blieben stupide und zeitraubende Arbeiten erspart.
Sehen Sie in der Kombination von KI und RPA für die Bahn auch Potenziale zur besseren Steuerung betrieblicher Prozesse?
Auf jeden Fall. RPA könnte unter anderem für den Bereich Monitoring interessant werden, zum Beispiel im Umgang mit Verspätungen oder Störungen. Denn auch hier handelt es sich um Szenarien, in denen viele Daten schnell erfasst und weitergegeben werden müssen. Auf Basis von Bot-basierter Automatisierung könnten Unternehmen in Fällen, in denen schnell umfassender First-Level-Support für die Fahrgäste erforderlich ist, gut reagieren.
Das 5-Fragen-Interview ist der Eisenbahntechnischen Rundschau 10/23 entnommen.