Timon Heinrici

"Bahn braucht Beharrlichkeit"

Eisenbahn und Logistik – zwei Welten begegnen sich. Zwei schwer vereinbare Welten, wie manche Versandleiter der verladenden Wirtschaft und der Speditionsbranche zu wissen glauben.
Was das System Eisenbahn gut kann, ist, einen oder mehrere Waggons planbar zwischen zwei Punkten auf der Schiene zu bewegen. In den meisten Fällen werden die Güter abseits der Schiene erzeugt und abseits der Schiene verwendet. Dem Anspruch der Logistiker, die benötigte Ware zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zu einem möglichst niedrigen Preis bereitstellen zu können, kann die Bahn daher in den meisten Fällen nicht gerecht werden.
Der Schienentransport kann aber dennoch Teil einer Logistikkette werden, wenn die Eisenbahn, der Versender und Empfänger oder ein von ihnen Beauftragter die ergänzenden Leistungen erbringt, die erforderlich sind, um die Güter auf die Bahn und von der Bahn an den Bestimmungsort zu bringen. Das gesamte Leistungspaket darf aber nicht teurer sein als der Versand via Wasserweg oder Straße.
Es gibt noch andere Kriterien, die für den Logistiker bei der Verkehrsträgerwahl eine Rolle spielen: Umwelt- und Klimaschutz, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Transportdauer. Letzten Endes lassen sich aber auch diese Kriterien in Geld bewerten. Diesen Bedingungen muss sich der Schienengüterverkehr stellen.
Zahlreiche Entwicklungen sind serienreif, die einen Beitrag zur Kostensenkung des Schienengüterverkehrs liefern könnten. Es gibt eine automatische Kupplung, die mit der konventionellen Haken-/Schraubenkupplung kompatibel ist. Es gibt die Waggonortung per GPS. Es gibt Systeme zur Fahrzeugidentifizierung. Es gibt Horizontalumschlagssysteme, die Standardbehälter umsetzen können. Aber keine dieser technischen Entwicklungen ist zum Standard geworden, der die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene nachhaltig stärkt.
Offenbar ist es so, dass Innovationen an den Kosten scheitern. Die Marge im Schienengüterverkehr ist schmal. Das Transportpreisniveau wird durch den LKW vorgegeben. Niedrige Entlohnung und die harten Arbeitsbedingungen osteuropäischer Lkw-Fahrer verschaffen dem Straßengüterverkehr Wettbewerbsvorteile.
Die gute Nachricht ist: Trotz dieser Widrigkeiten entdecken immer mehr Unternehmen der verladenden Wirtschaft die Eisenbahn. Insbesondere größere Industrieunternehmen arbeiten an der Verlagerung von Transporten auf die Schiene. Die Erfahrung zeigt, dass dafür Entschlossenheit und Beharrlichkeit erforderlich sind. Die Optimierung einer Transportlösung auf der Schiene braucht Zeit. Aber wenn sie einmal gelungen ist, kann eine solche Lösung über Jahrzehnte Bestand haben, wie das Beispiel einzelner Logistikzüge zeigt. Insofern ist es gut, dass sich die zwei Welten Bahn und Logistik auf der Messe transport logistic in München wieder begegnen.

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 6/2013
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 6/2013