Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Fengler
"Mehr machen aus dem, was wir haben"
Auch wenn die Steuereinnahmen sprudeln und nach dem Bericht der Daehre-Kommission die Verkehrsinfrastruktur bei den Koalitionsverhandlungen gottlob auf der Tagesordnung steht: Fakt ist, dass die Zeiten umfangreichen Neubaus vorüber sind und der Erhalt und die Verbesserung der Bestandsinfrastruktur die vorrangige Aufgabe der kommenden Jahre und Jahrzehnte sein wird. Die Transportmengen werden steigen, vor allem im Güterverkehr, aber die Anzahl der Beschäftigten, die dies zu bewältigen haben, wird abnehmen. Was nichts anderes heißt, als dass wir den Betrieb des Systems und seine Instandhaltung weiter optimieren und rationalisieren müssen.
Beim Betrieb ist im Prinzip klar, wohin die Reise gehen wird: weitere Automatisierung des Regelbetriebs bei Rückzug des Personals in überwachende Funktionen und den Service. Bei der Instandhaltung der Infrastruktur, auch hinsichtlich ihres Instandhaltungsbedarfs, gibt es Spielräume, die noch ausgeschöpft werden müssen, zum Beispiel beim Fahrweg: Einerseits noch instandhaltungsärmere Konstruktionen, zum anderen die bessere Ausnutzung vorhandener Instandhaltungsvorräte durch permanentes automatisiertes Online-Monitoring des Anlagenzustands, gekoppelt mit einer verlässlichen Prognose seiner weiteren Entwicklung. War es früher der Streckenläufer, der sich bei seinem täglichen oder wöchentlichen Streckenbegang ein Bild vom Streckenzustand machte, werden die Strecken heute betriebsfreundlich bei hoher Geschwindigkeit von modernsten Inspektionsfahrzeugen unter die Lupe genommen. Ergänzt werden könnte dies durch Beschleunigungsmessungen auf Regelzügen, wenn auf Grund zufälliger Streuung eine Vielzahl von Messwerten benötigt wird, wie das zum Beispiel bei einer (anzustrebenden) automatischen quantitativen Zustandsdiagnose von starren Weichenherzstücken der Fall wäre.
Zweifellos hat der Schotteroberbau einen höheren Instandhaltungsbedarf als die Feste Fahrbahn, aber dieser ist sehr gut planbar und mit industrialisierten
Instandsetzungsverfahren bei kurzer Sperrzeit mit hoher Qualität und ohne Risiken umsetzbar. Vor dem Hintergrund der dominierenden Beanspruchungsprofile zeugt es daher von unternehmerischer Weitsicht, weiter an der Verbesserung
des Schotteroberbaus zu arbeiten. Zielrichtung muss dabei vor allem die Verlängerung der Schotterstandzeiten in hoch belasteten Gleisen sein. Bei Großenhain in Sachsen wird zurzeit ein schweres Schienenprofil getestet, von dem eine geringere Schallabstrahlung und eine längere Lebensdauer erwartet werden. Gleichzeitig ließe sich mit einer solchen Schiene – in Kombination mit Schwellen, die eine größere Kopf- und Auflagerfläche aufweisen sowie eine Schwellenbesohlung – die Schotterbeanspruchung reduzieren, ohne dabei in Konflikt mit den Stabilitätsbedingungen des durchgehend geschweißten
Gleises zu geraten. Zudem könnte die schwere Schiene mit ihrem dicken Steg den Einsatz von Schienenstegdämpfern entbehrlich machen. Optionen, die es lohnen untersucht zu werden.
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