Prof. Dr.-Ing. Herbert Sonntag
"Güterverkehr von der Straße auf die Schiene - Quo vadis?"
"Es ist stiller geworden um das Weißbuch Verkehr der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2011, in dem die Ziele für ein wettbewerbsorientiertes und ressourcenschonendes Verkehrssystem postuliert wurden. Eine zentrale Forderung des Papiers ist die Optimierung der multimodalen Logistikketten durch stärkere Nutzung von energieeffizienten Verkehrsträgern. Bis zum Jahr 2030 sollen mehr als 30 % und bis zum Jahr 2050 mehr als 50 % des Straßengüterverkehrs mit Transportweiten über 300 km auf die umweltfreundlicheren Eisenbahn- und Schiffsverkehre verlagert werden. Das klingt trotz der Konzentration auf den Güterfernverkehr über 300 km – gemessen an der derzeitigen Verkehrsaufteilung – sehr ambitioniert.
Wenn die angestrebte Verlagerung allein von der Bahn „gestemmt“ werden müsste, würde das dort mehr als eine Verdopplung der Verkehrsleistung im gesamten Bahngüterverkehr bedeuten, was unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht vorstellbar ist. Weiterhin ist die Aufteilung auf die Verkehrsträger aufgrund deren Transporteigenschaften – Schwergüter, Schüttgüter usw. – im Fernverkehr weitgehend erfolgt, so dass bei neuen Verlagerungsansätzen hohe Marktbarrieren zu überwinden sind.
Die gegenwärtige Transportleistung des Lkw-Fernverkehrs in Deutschland wird mit rund drei Viertel dominant durch den Transportträger „Sattelauflieger“ erbracht. Der bisherige Anteil an der Verkehrsleistung „Sattelauflieger“ auf der Schiene – im innerdeutschen Kombinierten Verkehr – liegt gegenüber der Straße aber bei weniger als 1 %. Andererseits liegen die Anteile der Verkehrsleistung der Schiene beim Transportträger „Container“ im innerdeutschen Seehafen-Hinterlandverkehr bereits bei Richtung 50 %, was zeigt, dass konzertierte Anstrengungen aller Akteure große Hebeleffekte haben können.
Entsprechend dem Erfolgsmodell im Containertransport beim gebündelten Seehafen-Hinterlandverkehr in Deutschland auf der Schiene sind für die starken gebündelten innerdeutschen Hauptrelationen des Sattelauflieger-Verkehrs (Ost-West aus den belgischen und holländischen Häfen, Nord-Süd und Nordwest-Südost) Kapazitäten und Geschäftsmodelle für die Schiene zu schaffen. Dies sollte in einem Masterprogramm Güterverkehr mit den entsprechenden Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Integration der Verkehrsträger angegangen werden, um den verdienstvollen Zielen des EU-Weißbuches näher zu kommen."
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