Hans Peter Lang

Nachhaltige Fahrzeugtechnik


Hans Peter Lang fordert im Leitartikel zur ETR-Themenausgabe "Nachhaltige Fahrzeugtechnik" (September 2011), dass sich Entwicklungen als nachhaltige Innovationen in den Verkehrsdienstleistungsprodukten der Betreiber wiederfinden lassen müssen.

 

Sind die Eisenbahnen heute innovativ? Werden die richtigen Themen zur richtigen Zeit und vor allem mit dem richtigen Nachdruck aufgegriffen? 

In der Öffentlichkeit wird Innovation vor allem mit dem Automobilbau oder der Luftfahrt verknüpft. Es ist an der Zeit, dass die Bahntechnik wieder Begeisterung weckt für Neuerungen die den Bedürfnissen der Endkunden entsprechen. 

Bereits in der Vergangenheit wurden Innovationen im Bahnsektor in Zyklen durchgeführt. Nach einer grundlegenden Modernisierung des Produktionsmaterials vorwiegend in den sechziger und siebziger Jahren gab der aufkommende Hochgeschwindigkeitsverkehr die entsprechenden Impulse für die Weiterentwicklung der Eisenbahntechnik. In diesem Zusammenhang wurden nicht nur neue Fahrzeuge und Infrastruktur entwickelt, es wurden auch neue Nachweisverfahren qualifiziert und technische Grundlagen beispielsweise der Spurführung erforscht. 

Die Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs verbunden mit einer Neudefinition der Rollen zwischen Betreiber, Hersteller und Forschungslandschaft sowie durchaus gemischte Erfahrungen in der Anwendung innovativer Fahrzeuggenerationen bei den Betreibern haben in den letzten Jahren zu einer eher zurückhaltenden Einstellung hinsichtlich des Einsatzes von Innovationen im Schienenverkehr geführt. Aus diesem geänderten Rollenspiel ergeben sich neue Verantwortlichkeiten für die Bahnforschung. Entwicklungen müssen sich als nachhaltige Innovation in den 

Verkehrsdienstleistungsprodukten der Betreiber wiederfinden. Gleichzeitig müssen sich aber die Hersteller dem internationalen Wettbewerb stellen. Die Innovationsfelder erfahren dabei Veränderungen: Geschwindigkeitssteigerungen über 300 km/h hinaus sind aus Sicht eines deutschen Betreibers nicht zielführend. Bei der Siedlungsstruktur in Mitteleuropa garantieren Höchstgeschwindigkeiten eben keine spürbaren Verkürzungen der Reisezeit, wohl aber steigen die Umweltbelastung und der Energieverbrauch an. 

Herausforderungen an die Weiterentwicklung der Eisenbahntechnik sehen heute unter unseren Randbedingungen anders aus: Nachhaltigkeit, Zuverlässigkeit und Komfort sowie die Erfüllung der Bedürfnisse der Reisenden nach zeitgerechter und präziser Information. Zuverlässigkeit der Technik aber ist auch Voraussetzung für eine hohe Auslastung der Infrastruktur. Überhaupt: Die Anforderung, in der vorhandenen Infrastruktur mehr Verkehr zu realisieren und dabei die Belange der Anwohner im Sinne einer Minderung von Lärm und Erschütterung zu entsprechen, die Anforderung durch neue Antriebstechnologien die Schadstoffemission spürbar zu senken, dies sind vielleicht nicht so spektakuläre Entwicklungsziele wie ein neuer Geschwindigkeitsweltrekord, müssen aber Ziel künftiger Forschung und Entwicklung sein. 

Die Bereitstellung wirtschaftlicher Lösungen ist die Voraussetzung dafür, dass die Eisenbahn ihre Wachstumschancen auch in Zukunft realisieren kann und dass der Umweltvorteil des schienengebundenen Verkehrs auch dauerhaft erhalten bleibt. Dies erfordert die Bereitschaft in die Zukunft zu investieren und dies wird nur gelingen, wenn wirtschaftliche und zuverlässige Neuerungen konsequent erprobt und dann auch eingeführt werden.

 

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 09/2011
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 09/2011