Ein neuer Ansatz zur Kapazitätsbestimmung von Bahnsystemen
Kurzfassung
Aufgrund des sich verkehrsträgerübergreifend stetig erhöhenden Transportbedarfs, steigt auch der Qualitätsanspruch bei den Eisenbahnen an die Verarbeitungs- und Organisationsprozesse sowie z. B. im Güterverkehr an den reibungslosen An- und Abtransport der Waren. Es sind daher effektive Methoden und leistungsstarke Planungswerkzeuge zur Bewertung und Optimierung der Anlagenleistungsfähigkeit bzw. Kapazität unverzichtbar.
Die Prozesse Kapazitätsbestimmung und -bewertung von Bahnanlagen sowie die Qualitätsbewertung des Betriebs werden jedoch häufig entkoppelt oder jeweils zu wenig differenziert betrachtet. Das Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines neuen Ansatzes zur differenzierten Kapazitätsbestimmung, wobei damit die Unterscheidung verschiedener Bewertungsebenen von der theoretischen bis zur praktischen Kapazität und die Unterscheidung spezifischer Netzelemente in Abhängigkeit der Art ihrer betrieblichen und verkehrlichen Nutzung gemeint sind. Die Arbeit konzentriert sich vornehmlich auf räumlich begrenzte, jedoch aufkommensstarke Teilnetze des Eisenbahngüterverkehrs. Bei Industrie- und Werkbahnen sowie in Rangier- und Umschlagbahnhöfen überlagern sich viele voneinander abhängige Einzelverkehre. Durch die gegenseitigen Beeinflussungen der durchzuführenden Fahrten wird die Kapazitätsbestimmung und -bewertung komplex. Um belastbare Kapazitätsaussagen zu erhalten und mögliche Restkapazitäten einer Infrastruktur verlässlich einschätzen zu können, ist es notwendig, die maximal möglichen Auslastungsgrade mit einer Betriebssimulation zu überprüfen. Dabei wird das betriebliche Leistungsverhalten im betrachteten Untersuchungsraum unter dem Einfluss von Störungen und Verspätungsübertragungen analysiert und die Erkenntnisse in die Kapazitätsbewertung eingespeist.
Die Ergebnisse der Arbeit ermöglichen durch die Überprüfung des Betriebs unter Realbedingungen eine abgesicherte Kapazitätsaussage, da sich die tatsächlich nutzbaren Zeitlücken innerhalb eines Netzes, Teilnetzes oder Streckenabschnittes erst unter Berücksichtigung von betriebsnotwendigen Dispositionshandlungen ergeben. Die Methodik bietet eine verlässliche Basis für die Beurteilung noch verfügbarer Restkapazitäten unter Marktanforderungen, wie z. B. attraktiven Transportzeiten, da Trassen mit vielen langen Halten oder Umwegen vom Markt abgelehnt werden würden. Auf diese Weise können komplexe Netze mit vielschichtigen Abhängigkeiten der Fahrten untereinander und charakteristischen infrastrukturellen sowie betrieblichen Besonderheiten detailliert untersucht werden.
Die Methodik beinhaltet die Überführung der Ergebnisse der Leistungsuntersuchung in das im Rahmen der Arbeit entwickelte Tool Net-RS zur Bewertung der Kapazitätsauslastung von Netzelementen. Die hierbei verwendeten Kapazitätskennwerte basieren auf dem simulierten Betriebsablauf mithilfe des Planungssystems RailSys. Dadurch wird eine netzweite Kapazitätsbewertung mit schnellen Variantenvergleichen in Abhängigkeit sich ändernder Betriebsbelastungen ermöglicht.
Die Arbeit stellt einen neuen und praktisch handhabbaren Ansatz für das Verfahren einer differenzierten Kapazitätsbewertung für aufkommensstarke Teilnetze des Eisenbahngüterverkehrs dar, das zudem ein hohes Standardisierungs- und Übertragungspotential besitzt.
Abstract
Due to the continuously rising demand in intermodal freight traffic, the quality requirements of railway operation and organisation processes, such as e. g. the unrestricted transport in rail freight shipment, are rising as well. Hence, effective methods and high-performance planning tools for the evaluation and optimisation of capacity in railway systems are indispensable.
However, the two processes capacity determination and evaluation of railway systems as well as the quality evaluation of the railway operation are often treated decoupled or not sophisticated enough. For that reason, the aim of this work is to develop a new approach for differentiated capacity determination. This approach deals with unlike examination levels of capacity determination from a theoretical capacity up to a practical capacity and the differentiation of specific network elements regarding the way of their operational and functional usage.
The work is mainly focussed on spatial limited, but highly-frequented partial networks of freight railways. Within industrial and factory railways as well as within shunting stations and transition terminals many dependent single runs of trains and locomotives superimpose each other. Because of the mutual interactions of the train runs the capacity determination and evaluation become complex. For reaching resilient capacity results and reliable findings for the possible remaining capacity within a respective network, an additional investigation of the maximum possible degree of capacity utilisation using an operational simulation is required. Within such a simulation the operational performance in the respective research area under consideration of the influence of disturbances and delay propagation is analysed and the findings are applied to the capacity evaluation.
The methodology provides verified and reliable capacity results, due to the investigation of the railway operation under real operational conditions. This is useful because the practically useable time gaps for train movements within a respective network, partial network or line section cannot be determined without the consideration of dispositions. The approach offers a reliable basis for the evaluation of useable remaining capacities respecting market requirements as e. g. attractive transport times. Train paths with many and long stops due to timetable requirements or detours would be refused from the freight market. Complex networks with complex dependencies between the train runs and specific infrastructural or operational characteristics can be analysed very detailed.
The methodology contains the transfer of the results of the performance analysis into the tool Net-RS, which was developed during this work for the evaluation of the capacity utilisation of network elements. The used capacity parameters rest upon the operational simulation using the planning program RailSys. Hence, a network-wide capacity evaluation with a quick comparison of different scenarios depending on changing train loads can be conducted. The work represents a new and practically manageable approach for a differentiated capacity determination and evaluation within highly-frequented partial networks of freight railways that additionally offers a remarkable standardisation and transfer potential.