Dr. Jochen Eickholt
„Weltführer durch die Digitalisierung"
Nachhaltiger unternehmerischer Erfolg beruht vor allem auf einer Voraussetzung: Innovation im Kundeninteresse. Daran sollten wir denken, wenn wir derzeit die Frage diskutieren, welche Chancen die deutsche und europäische Bahnindustrie auf dem globalen Markt hat. Ich bin überzeugt: Wenn es uns gelingt, Weltspitze in der Innovation zu sein, dann wird es uns gelingen, Weltspitze im globalen Markt der Bahnindustrie zu bleiben.
Am Anfang von Innovation in unserer Industrie stehen die Wünsche der Passagiere – wie Pünktlichkeit, Komfort, Sicherheit und nahtlose Übergänge. Diese Wünsche geben die Betreiber an uns weiter und verlangen verbesserte Kapazitäten und erhöhten Durchsatz. Wir Hersteller reagieren darauf mit Innovation.
Und Innovation im Bereich der Bahnindustrie heißt heute vor allem Innovation im Bereich der Digitalisierung. Denn die Digitalisierung erlaubt es uns, den Wünschen unserer Kunden zu entsprechen – vom Produktdesign zum Service, beim Durchsatz und der Verfügbarkeit sowie beim Passagierkomfort. Vorausschauende Wartung mit Datenanalytik Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsträger mit digitalen Informations- und Buchungssystemen, Automatisierungssoftware und digitale Leitzentralen – das alles sind nur ein paar Bereiche, in denen wir heute schon einiges können und in denen wir in Zukunft unseren Kunden noch viel mehr werden bieten können.
Wir stehen also bei der Digitalisierung am Anfang einer Entwicklung – die wir mit Einsatz und Elan gestalten sollten. Denn die Chancen für unsere Unternehmen sind enorm, genauso groß wie die Risiken, falls wir die Digitalisierung verschlafen.
Wir werden die Chancen der Digitalisierung dann wahrnehmen können, wenn wir uns auch selber verändern. Digitalisierung bedeutet Kulturwandel.
Drei Punkte sind mir dabei besonders wichtig: Zum einen müssen wir schneller werden. Wir können nicht mehr nur in Produktlebenszyklen von 25 bis 30 Jahren denken; die Innovationszyklen im Zeitalter der Digitalisierung laufen viel schneller ab. Darauf müssen wir uns einstellen. Heute hergestellte Hardware wird in 15 oder 20 Jahren mit neuer Software Leistungen erbringen müssen, die wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können. Unsere Entwickler sollten unsere Produkte entsprechend auslegen.
Zweitens wünsche ich mir, dass wir alle – Produzenten, Betreiber, und Politik – die Digitalisierung als gemeinschaftliche Aufgabe sehen. Ausschreibungen sollten innovationsfreundlich sein und neue Technologien fördern. Wir haben heute die einmalige Chance, europaweit einheitliche digitale Standards in der Bahnindustrie festzulegen – wir sollten diese Chance nutzen. Und wir sollten zu einem fairen und geregelten Austausch von Daten untereinander kommen – etwa zwischen Betreibern und Herstellern, um den Service zu vereinfachen.
Und drittens wird es neue Arbeitswelten geben. Die Bahnindustrie steht mit anderen Branchen im Wettbewerb um die besten jungen IT-Ingenieure – und es liegt an uns, uns diesen jungen Menschen als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Ich bin mir sicher: Unsere Unternehmen werden deutlich offener werden, noch internationaler und Hierarchien werden geringere Bedeutung haben. Gelingt uns das nicht, verlieren wir das Rennen um die besten Talente – ohne die keine Industrie nachhaltig Zukunft sichern kann.
Gelingt es uns, uns an diesen drei Punkten zu verändern, dann – so bin ich überzeugt – hat unsere Industrie eine gute Zukunft.
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