Dr.-Ing. Andreas Kossak
„Finanzierung der ÖPNV-Infrastruktur"
Der Juni-Newsletter der vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV maßgeblich mitgetragenen Infrastruktur-Initiative „Damit Deutschland vorn bleibt“ enthält einen Beitrag mit dem Titel: „Bund-Länder-Streit um Finanzen bringt Nahverkehr in Not“. Der Text beginnt mit dem Satz: „Mit dem harten, immer noch o enen Ringen um die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern hängt auch die Finanzierung des ö entlichen Nahverkehrs weiter in der Luft.“
Selbst zu Zeiten der relativ komfortablen staatlichen Finanzausstattung des ÖPNV war der Kampf um die verfügbaren Mittel und deren Verteilung hart, hat aber dennoch – oder gerade deswegen – vielfach zu beträchtlicher Verschwendung geführt. Das branchenintern gern zitierte Schlagwort dafür lautete: „Die Kutscher lassen sich ihre Kutsche vergolden“. Die Folgekosten wurden meist verdrängt; das geschah nicht selten mit dem Hintergedanken, dass der Staat sich seiner „Verantwortung“ diesbezüglich zu gegebener Zeit schon nicht entziehen werde. Die Konsequenzen dieses Verhaltens lasten heute schwer auf vielen Betrieben. Wie auch immer die Lösung der gegenwärtigen „Hängepartie“ aussehen wird, sollte sie in deutlich stärkerem Maße als bisher auf Nachhaltigkeit in der Verfügbarkeit und der Verwendung der Mittel ausgerichtet sein. Und, sie sollte neben dem Wert der tatsächlichen verkehrlichen und umweltspezischen Wirksamkeit vor allem explizit auch die ökonomische und strukturelle Wirkung berücksichtigen sowie endlich die vielfältigen Optionen „unkonventioneller“ Co-Finanzierung einbeziehen. Die Schlüsselbegri e in diesem Zusammenhang auf internationaler Ebene sind: „Transit Oriented Development“ und „Value Capture“. „Transit Oriented Development“ bedeutet die enge Integration von Nahverkehr und Stadt-/Regionalentwicklung. „Value Capture“ zielt auf die Abschöpfung der Wertsteigerung von Immobilien zum Zweck der „Nutznießer(Co-)-nanzierung“ des ÖPNV. Aus jüngster Zeit liegen zahlreiche Analysen qualizierter wissenschaftlicher Institute zur dynamisch zunehmenden Praxis der Anwendung der betre enden Instrumente weltweit und zu deren positiven Wirkungen vor. Darin wird das beträchtliche katalytische Potential vor allem von attraktiven städtischen Bahnsystemen (ggf. auch Schnellbusse/„Bus Rapid Transit“) hinsichtlich der Generierung von ökonomischen Nutzen nachgewiesen. Bemerkenswerter Weise betreten die meisten Beispiele Stadtbahnsysteme in Metropolregionen. Die Gesamt-Nutzen überschreiten in der Regel die Aufwendungen für die Investitionen und den Betrieb um ein Mehrfaches. Diesen Erkenntnissen sollte auch in Deutschland bei der Struktur der ÖPNV- Finanzierung endlich angemessen Rechnung getragen werden – und zwar sowohl auf Seiten des Staates und der Aufgabenträger als auch auf Seiten der Nahverkehrswirtschaft.
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