Dr. Holger Segerer

"Bedingungen für Güterverkehr verbessern!"


Das fordert  Dr. Holger Segerer im Leitartikel zum Thema im ETR-Heft 3/12. Und gibt auch erste Impulse, was er sich darunter vorstellt.

 

Traditionell waren die im Schienen-Güterverkehr eingesetzten Wagen schon seit langem interoperabel. Die Vereinheitlichung von wichtigen technischen Schnittstellen und Sicherheitsanforderungen für die Wagen wurde innerhalb der OTIF/UIC geregelt. 

Im Zuge der europäischen Harmonisierung und Marktöffnung des Bahnsektors wurde das bestehende Regelwerk ersetzt. Durch Implementierung des sogenannten Vilnius Protokolls von 1999 wurde eine Vielzahl von neuen Vorschriften und Regelungen erstellt, um die Interoperabilität der Güterwagen aufrecht zu erhalten, nämlich die europäischen Gesetze (TSI‘s), welche durch weitere privatrechtliche Dokumente, wie beispielsweise den Allgemeinen Vertrag zur Verwendung (AVV) ergänzt werden mussten. 

Insgesamt war es für den gesamten Bahnsektor ohne Frage richtig, dass Marktöffnung und Interoperabilität über die zentrale europäische Gesetzgebung erzwungen wurden und so für neue Teilnehmer ein deutlich offeneres Umfeld geschaffen wurde, auch wenn diese Ziele bis heute noch nicht vollständig in der Praxis umgesetzt werden konnten, wie die Diskussionen um den „Recast“ belegen. 

Aus Sicht der Güterbahn, die ja bereits vorher interoperabel waren, sind die neuen Rahmenbedingungen allerdings mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden und es muss sehr darauf geachtet werden, dass die Güterbahn im Vergleich zum LKW nicht weiter an Boden verliert. 

Bei der verpflichtenden Umsetzung der europäischen Gesetze und Vorgaben in nationales Recht gibt es regelmässig Abweichungen. Darüber hinaus neigen einige nationale Sicherheitsbehörden immer wieder dazu, zusätzliche Anforderungen an Zulassung und Betrieb der Wagen zu stellen, die dann ebenfalls wieder von einem Mitgliedsstaat zum anderen unterschiedlich sind. Demzufolge entsteht in Bereichen ein Flickenteppich an Rahmenbedingungen, welcher europaweit die Zulassung und Verkehre der Wagen in der Praxis behindert und zusätzlichen Aufwand und Kosten hervorruft. 

Die UIP – International Union of Wagon Keepers - hat 2011 auf Beschluss seines Geschäftsführenden Ausschusses eine internationale Expertengruppe ins Leben gerufen, um die aus den wichtigsten Vorschriften resultierenden Mehrkosten für Wagenhalter abzuschätzen. Die Ergebnisse liegen seit November 2011 in Form eines veröffentlichten Berichtes vor und sind alarmierend: Es ergeben sich jetzt Mehrkosten von bis zu 62 % in Folge der Vorgaben und Maßnahmen zu ECM, EWT, ECCM, EVIC, leiser Bremse und Telematik. 

Auch Andere im Schienengüterverkehr tätige sind betroffen: Die Vorgaben der TSI Lärm und weiterer nationaler Regelungen, wie sie beispielsweise durch das vom Deutschen Verkehrsministerium und der DB AG unterzeichnete Eckpunkte-Papier zur Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems ab 2012 etabliert werden sollen, werden weitere Kosten für die EVUs erzeugen. Steigende Energiekosten, die verpflichtende Einführung von ETCS auf den Frachtkorridoren sowie die notwendige EVU-seitige Umsetzung der Vorgaben aus der TSI Telematik werden ebenfalls zu Buche schlagen. 

Alle am Sektor Schienengüterverkehr Beteiligten werden den Dialog mit der Politik weiter intensivieren müssen, um letztendlich optimale Rahmenbedingungen hinsichtlich Sicherheit, gesellschaftlicher Akzeptanz und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu erreichen, damit der Güterverkehr auf der Schiene seinen Marktanteil halten und ausbauen kann. Die UIP und Ihre Mitglieder sind entschlossen, hierzu ihren aktiven Beitrag einzubringen!

 

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 03/2012
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 03/2012