Andreas Matthä

"Nachhaltiger Substanzerhalt bei den ÖBB"


Steigende Trassenauslastung, höhere Transport-tonnagen, kürzere S-Bahn-Intervalle und höhere Geschwindigkeiten sind aus Kundensicht für das Eisen-bahnnetz in Österreich zentral. Diese Ansprüche und ständig steigende Effizienerfordernisse bedingen aber auch höhere Anforderungen an die Instandhaltung des Fahrweges. Daher wird bei der ÖBB-Infrastruktur AG seit 2008 ein besonderer Schwerpunkt auf den nachhaltigen Substanzerhalt der Anlagen gelegt und ein Bündel an gezielten Maßnahmen umgesetzt.
Ein Spezifikum der Eisenbahninfastruktur ist die bedingt durch hohe Investitionen geforderte möglichst lange Nutzungsdauer der Anlagenbauteile. Die Nutzungsdauer wird jedoch nur durch ein entsprechendes Design der Anlagen und eine hochqualitative Instandsetzung erreicht. Die Zielnutzungsdauer der bestehenden Gleisanlagen beträgt je nach Verkehrsbelastung und Bogenradius zwischen 30 und 37 Jahren. Leider mussten in den letzten Jahren viele Gleise verfrüht erneuert werden; zum Teil als Resultat einiger vom Nachhaltigkeitsgesichtspunkt her suboptimaler, rein ökonomisch motivierter Entscheidungen aus der Vergangenheit.
Strategisches Ziel der ÖBB ist es nun, die tatsächlich erreichbare Nutzungsdauer der Fahrweganlagen auf 40 und mehr Jahre zu verlängern und gleichzeitig die Wartungs- und Instandsetzungsnotwendigkeit zu reduzieren. Diese Aufgabe erfordert allerdings ein entsprechendes Design-Engineering und eine konsequente Umsetzung der Instandhaltungsstrategie. Um Gleisbelegungszeiten zu re-duzieren, wird in den letzten Jahren auf die Bündelung der Baumaßnahmen geachtet. Aufbauend auf 10 Jahren Gleismessdaten steht den ÖBB nun ein Prognosetool zur Ermittlung der Bauteil-Restnutzungsdauer zur Verfügung. Aufgesetzt auf diese Restnutzungsdauer-Ermittlung wird über eine Life Cycle Costs Berechnung (LCC) untersucht, ob es wirtschaftlicher ist die Fahrbahn als Gesamtes zu erneuern oder einen Kom-ponententausch zur Nutzungsdauerverlängerung durchzuführen.
Im Design-Engineering konnten in den letzten Jahren bemerkenswerte Erfolge erzielt werden, insbesondere durch den Einsatz von Schwellenbesohlungen, welche im Hauptnetz der ÖBB seit 2007 standardmäßig zur Anwendung kommen. In Gleisbögen wird vermehrt auf speziell wär-mebehandelte Schienengüten zurückgegriffen, wodurch sich der Schienenverschleiß bis um den Faktor 6 reduzieren lässt. Zur Herstellung einer hohen Ausgangsqualität erfolgt der Einbau des Gleisrostes durch Hochleistungsgleisbaumaschinen. Als wirtschaftlich zielführende Umbaulänge hat sich zumeist die Erneuerung eines durchgängigen Streckenabschnitts von einem Bahnhof zum nächsten herausgestellt. Die Verbesserung der netzweiten Gleislagequalität in den letzten Jahren beruht aber auch auf der unbedingt erforderlichen Untergrundsanierung die teilweise gleisgebunden und teilweise konventionell erfolgt.
Die langen Nutzungsdauern stellen sich jedoch nur durch eine entsprechende Wartungs- und Instandsetzungsqua-lität ein. Die konsequente Umsetzung des Instandhal-tungsplans ist damit unabdingbar. Zusätzlich unterstützen modernste Prüfverfahren, wie etwa die Wirbelstromprüfung zur Risstiefenerkennung der Schienen. Die Instandsetzungsmaßnahmen sind dabei immer in Abstimmung mit der Restnutzungsdauer des Gleises vorzunehmen, um die Anlagensubstanz voll auszuschöpfen. Instandsetzungstätigkeiten im hochrangigen Kernnetz werden zunehmend gebündelt, gleiches gilt für die Erneuerung von Abschnitten mit ähnlicher Restnutzungsdauer. Mit entsprechender Vorplanung ist es möglich ehemalige Tabuthemen wie eine vollständige Brennersperre zur Generalsanierung der Fahrbahn, der Tunnelausrüstung und einem Brückenneubau zu nutzen.
Umfang und Qualität der Baumaßnahmen orientieren sich aber auch an der Streckenpriorität. Die  angeführten Maßnahmen kommen im hochbelasteten Kernnetz zur Anwendung. Auf den Ergänzungsstrecken werden weniger umfangreiche Arbeiten unternommen. Hier werden auch kürzere Erneuerungsabschnitte ins Auge gefasst. Für Ergänzungsnetzstrecken wird der Instandhaltungsumfang der geringen Verkehrsbelastung und damit den wirt-schaftlichen Erfordernissen untergeordnet.
Die Nachhaltigkeit der angeführten Maßnahmen im Netz der ÖBB-Infrastruktur AG kann bereits belegt werden: So liegen die Gleislagequalität oder die Spurweitensituation auf einem historischen Best-, die Anzahl der Langsamfahrstellen auf einem historischen Tiefstwert. Die ÖBB-Infrastruktur AG hat sich also zum Ziel gesetzt, Instandsetzungsmaßnahmen so zu setzen, dass die Nutzungsdauer der nun eingebauten Anlagen mehr als 40 Jahre tatsächlich genutzt werden können.
Die ÖBB-Infrastruktur AG leistet damit einen wirtschaftlichen Beitrag und erhöht den Kundennutzen im Netz. Die Maßnahmen schaffen als Teilstrategie des Zielnetz 2025+ die Grundlage für eine moderne, leistungsfähige Bahn für Österreich für heute und künftige Generationen.

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 06/2012
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 06/2012