Interviews

Thierry Le Guilloux

„Rollende Landstraßen werden ausgebaut“

Thierry Le Guilloux, CEO der SNCF-Tochter VIIA, zu den Perspektiven der neuen Kombi-Verbindung Calais – Perpignan und der Entwicklung von Intermodalverbindungen in Frankreich  

Nach der Pilot-RoLa durch die Alpen und der großen Transit-RoLa vom luxemburgischen Bettembourg bis Le Boulou bei Perpignan nahe der spanischen Grenze weihen Sie mit dem Terminal in Calais die dritte Linie Ihres Unternehmens ein. Was haben Sie mit diesem Projekt vor?
Der Fährhafen Calais hat sich als erster Seehafen Europas ein RoLa-Terminal gebaut. Hier beginnt eine von uns betriebene Strecke, die Anschluss an die Linie Bettembourg – Perpignan hat. Auf dieser neuen Strecke betreiben wir ab Januar einen Liniendienst, der vor allem für LKW-Transporte interessant ist, die von Großbritannien kommen, Frankreich nur durchqueren und nach Spanien gehen – oder umgekehrt.
Wie läuft es auf der von Ihnen seit 2007 betriebenen Transitlinie quer durch Frankreich? Ist die inzwischen rentabel?
Auf der Linie Bettembourg – Perpignan befördern wir heute pro Jahr 68 000 Trailer. Verglichen mit dem beim Start 2007 gesteckten Ziel von 25 000 Einheiten sind wir also schon viel weiter. Die Züge sind im Schnitt zu etwas mehr als 90 % ausgelastet. Es gibt also allen Grund, zufrieden zu sein. Wir hängen natürlich davon ab, dass wir unseren Fahrplan einhalten können.  Wenn das der Fall ist, sind unsere Kunden zufrieden, und wir können rentabel arbeiten. Das war leider bislang nicht in jedem Jahr der Fall, weil es viele Baustellen auf dem Netz gibt und entsprechende Behinderungen. Was die Bilanz für 2015 betrifft, so sind wir optimistisch, aber wir wollen lieber erst das Jahresende abwarten.
Wie hat sich die Technik der Lohr-Waggons von damals bis heute entwickelt?
Mit der Linie durch die Alpen von Aiton nach Turin wurde die erste Generation dieser Waggons eingeführt. Ihre Besonderheit war, dass damit sowohl die Trailer als auch die dazugehörigen Zugmaschinen befördert wurden – und die Fahrer in einem angehängten Sitzwagen. Doch die Kunden haben sich schnell auf die wirtschaftlichere Lösung eingestellt, den Trailer an einem Terminal abzuliefern, ihn auf der Schiene unbegleitet transportieren zu lassen und am Endpunkt durch die Zugmaschine ihres dortigen Tochterunternehmens oder eines Partners abholen zu lassen. Daraufhin haben wir die 2007 in Betrieb genommene Strecke Bettembourg – Perpignan gleich für unbegleitete Trailer konzipiert. Lohr hat die zweite Generation der Wagen darauf abgestimmt und dabei noch weitere Erfahrungen berücksichtigt, die in den Alpen gesammelt wurden. Mit der Linie Calais – Perpignan bekommen wir die dritte Generation von Waggons, die nicht mehr so tief liegen wie die ersten beiden. Sie können damit  problemlos auf allen Hauptstrecken in Europa verkehren. Außerdem sind die Seitenwände dieser Waggons so gestaltet, dass die Trailer auf nicht auf Lohr-Technik spezialisierten Terminals per Kran oder Reachstacker vom Waggon gehoben und auf der Straße abgesetzt werden können – oder umgekehrt.
Werden Ihre Rollenden Landstraßen subventioniert?
Nein, die Linien Bettembourg – Perpignan und Calais – Perpignan bekommen keine speziellen Beihilfen, nur die Prämie von 18 EUR pro Umsetzen eines Trailers, eines Wechselbehälters oder eines Containers von der Straße auf die Schiene oder umgekehrt, wie sie alle Kombiverkehrsbetreiber in Frankreich bekommen, um nachhaltigen Transport zu fördern. Auf der Strecke Aiton – Turin kommt noch eine spezielle Prämie für die Vermeidung von LKW-Verkehr in den Alpen hinzu, womit man der Tatsache Rechnung trägt, dass eine so kkurze Strecke nie allein aus sich heraus rentabel betrieben werden könnte.

Artikel von Interview aus Rail Business Ausgabe 47/15
Artikel von Interview aus Rail Business Ausgabe 47/15