Interviews

Prof. Dr.-Ing. Frank Lademann

"Mitgliederwerbung und eine bessere Außendarstellung – das müssen wir jetzt gemeinsam angehen."


Herr Prof. Lademann, Ende Juni wurden Sie auf einem außerordentlichen Bundeskongress zum neuen Präsidenten des Verbandes Deutscher Eisenbahn-Ingenieure e.V. gewählt. Was waren die Gründe für diese Neuwahl?

Die Hauptgründe waren diverse Rücktritte im vergangenen Jahr: angefangen mit dem Fachbereichssprecher „Technische Ausrüstung“ aus Altersgründen. Ende 2011 folgte der Rücktritt des Vizepräsidenten. Schließlich musste der gewählte Präsident Klaus Junker krankheitsbedingt sein Amt niederlegen. Die so entstandene große Lücke machte dann einen außerordentlichen Bundeskongress erforderlich.

 

Wie setzt sich das neu gewählte Präsi­dium jetzt zusammen?

Insgesamt besteht es aktuell aus neun Personen. Den vier Fachbereichssprechern Andreas Henschel (Fahrzeuge), Reiner Altmann (Infrastruktur), Waldemar Henschel (Technische Ausrüstung) und Joachim Jakobs (Verkehrs- und Betriebssteuerung). Neuer Schatzmeister ist Dieter Jockers und als Schriftführer wurde Bernd Gruhn wiedergewählt. Und schließlich kommen noch die beiden Vizepräsidenten Frans Heijnen und Dr. Joachim Warlitz und als Präsident meine Person hinzu.

 

Wie sind denn die Verantwortlichkeiten im Präsidentenbereich aufgeteilt, wer kümmert sich um was?

Ja, es gibt eine Regelung. Zu meinen wichtigsten Aufgaben als Präsident gehört die Repräsentation des Verbandes nach außen, die Pflege der Kontakte zur Industrie, zu den Bahnen, zu den Hochschulen und zum Verbandsbeirat. Außerdem obliegt mir die Lenkung der Geschäftsstelle des Verbandes mit der Geschäftsführerin Yvonne Theilen.

 

Und die Vizepräsidenten?

Frans Heijnen hat die Leitung der VDEI-Akademie übernommen und hält so auch den Kontakt zum Geschäftsführer der VDEI-Service GmbH, Dr. Siegfried Krause. Außerdem zeichnet er verantwortlich für alle EDV-Fragen im Verband. Dr. Warlitz soll die Kontakte zu den Bau- und Inge­nieurverbänden pflegen und ist zuständig für Zertifizierungsfragen wie zum Beispiel EURAIL-Ing. Beide unterstützen mich zudem bei allen Außenkontakten.

 

Wo sehen Sie die Hauptaufgaben der Verbandsarbeit in den kommenden Monaten?

Für mich ganz klar: die Mitgliederwerbung. Wir haben das übliche Problem vieler Verbände, der Altersdurchschnitt steigt. Wir müssen mit aller Kraft dagegenwirken und neue Mitglieder akquirieren. Um das erfolgreicher angehen zu können, müssen wir unsere Außendarstellung etwas verändern, an die heutige Zeit anpassen. Vor allen Dingen müssen wir, das betone ich besonders, für jüngere Mitglieder attraktiver werden.

 

Wie soll das gehen?

Zum Beispiel mit einer beitragsfreien Schnuppermitgliedschaft für Studenten. Das ist hervorragend angenommen worden. In kürzester Zeit haben wir im Bezirk Hessen/Rheinland-Pfalz bereits zehn neue studentische Mitglieder gewinnen können. Natürlich müssen noch andere Maßnahmen zur Mitgliedergewinnung, auch bei den bereits in der Branche etablierten Ingenieuren, dazu kommen. Zusammen mit den Bezirken wollen wir hier geeignete Strategien entwickeln. Ich denke dabei zum Beispiel an permanente Networking-Abende in den Bezirken, bei denen es Vorträge von VIPs aus der Branche geben könnte und anregende Gespräche untereinander. Und zu denen nicht nur Mitglieder, sondern auch am Verband interessierte Nichtmitglieder eingeladen werden sollten. Der persönliche Kontakt, die persönliche Ansprache ist ein ganz entscheidendes Werkzeug für die Mitgliederwerbung. Davon bin ich absolut überzeugt.

 

Was kann der Verband noch ins Feld führen?

Mit den Bezirken als Plattformen für Networking und Kontakten zu Bahnen und Industrie, mit den Fachpublikationen EI und EIK und mit unseren Veranstaltungen haben wir ein sehr attraktives Angebot zur Mitgliederwerbung. Wir müssen es aber systematisch und nachhaltig angehen. Und wir müssen es gemeinsam angehen. Hier sind alle Mitglieder gefragt – nicht nur ein paar wenige.

 

Gibt es weitere Ziele?

Neben der Mitgliedergewinnung ist ein zweites, sehr wichtiges Ziel die Optimierung und Ausweitung der Selbstdarstellung des Verbandes in der gesamten Bahnbranche.

 

Wie ist das zu verstehen?

Mein Ziel ist, wenn in der breiten Öffentlichkeit und bei den Publikumsmedien wie Fernsehen, Radio oder Zeitungen, Fragen zur Eisenbahn auftauchen, der Verband immer eine der ersten Anlaufstellen sein müsste. Wir haben, gerade auch in den Fachbereichen, die Experten, die zu vielen, besonders technischen Dingen, kompetent Rede und Antwort geben können.

 

Wie beurteilen Sie denn im Moment die Außenwirkung des Verbandes?

Sagen wir‘s mal so: Im Moment erscheint mir die Wirkung nach außen in die Branche recht konventionell. Wir haben sehr gute und allerorten geschätzte Fachmedien wie EI – DER EISENBAHNINGENIEUR und EIK – EISENBAHN INGENIEUR ­KALENDER. Wir sind im Internet präsent. Wir sind natürlich auch bei den neuen Medien, in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing unterwegs.

 

Aber?

Aber wir müssen unsere Aktivitäten in den neuen Medien noch ausweiten und andere dann zur Nutzung derselben animieren. Und: Wir müssen unsere Kontaktpflege deutlich verstärken. Zu den Firmen, zu den Bahnen, zu den Behörden, zur Politik , und auch zur Publikumspresse. Wir haben keine fachlichen Defizite, das betone ich. Aber wir haben PR-Defizite und die müssen wir durch mehr Kontakte abbauen.

 

Kompetenz zeigen durch Kontakte zu den wichtigen Playern in der Branche wird ein deutlicher Schwerpunkt des neuen Präsidiums?

Ja, genau.

 

Kompetenz zeigt sich auch im Bereich Weiterbildung. Stichwort VDEI-Akademie. Vor zwei Jahren wurde sie auf der InnoTrans aus der Taufe gehoben. Wie steht es um die Akademie, wie soll es weitergehen?

Die Akademie ist die Fort- und Weiterbildungseinrichtung des Verbandes. Und sie ist immens wichtig für unser Selbstverständnis und auch für unsere Wirkung in der Branche. Die Akademie hat in den vergangenen Monaten eine schwierige Entwicklung durchgemacht. Das muss man mal ganz ehrlich ansprechen. Der Leiter der Akademie war zu Beginn Roland Hubatschek, dann Manfred Kehr, jetzt leitet sie Frans Heijnen.

 

Drei Verantwortliche in nicht ganz zwei Jahren. Nicht gerade vorteilhaft, oder?

Genau. Das zeigt sich leider auch so ein bisschen in der Performance. Im Prinzip, finde ich, läuft das mit der Akademie gut. Wir haben mittlerweile zahlreiche, erfolgreiche Veranstaltungen mit Teilnehmerzahlen von bis zu 300 Personen. Aber was noch fehlt, ist der nachhaltige Blick in die Zukunft, das mittelfristige und langfristige Strategiekonzept. Mit dem neuen Präsi­dium und dem neuen Leiter wollen wir dieses in naher Zukunft in Angriff nehmen.

 

Apropos Veranstaltungen. Die wichtigste Veranstaltung für den Verband ist die iaf – Internationale Ausstellung Fahrwegtechnik, die mittlerweile in Münster beheimatet ist und im Mai 2013 wieder stattfindet. Wie ist hier der Stand der Dinge?

In der Tat ist die iaf, die weltgrößte Veranstaltung ihrer Art, das Juwel im VDEI-Veranstaltungsportfolio. Die Vorbereitungen laufen auf vollen Touren. Wir haben eine neue Website dazu erstellen lassen. Unter der Adresse www.iaf-messe.com kann man sich in deutsch und englisch über die Messe informieren. Und, mein Aufruf an die einschlägige Industrie, sich dort auch als Aussteller anmelden. Wir haben einen Flyer erstellt, der ab September zur Teilnehmerwerbung eingesetzt wird. Flankiert von einer Anzeigenkampagne, die vor allem im EI, aber auch in anderen Fachmedien laufen wird.

 

Wie ist die Nachfrage bei den Ausstellern?

Gut. Mehr als 50% der verfügbaren Gleis- und Standflächen sind bereits gebucht. Interessierte sollten sich jetzt beizeiten melden, damit sie dann nicht das Nachsehen haben.

 

Zum Schluss einen Fokus auf die Person Lademann. Wann wurden Sie eigentlich Mitglied im Verband und was hat Sie damals bewogen, einzutreten?

Ich bin jetzt fast zehn Jahre Mitglied. Das war, glaube ich, im Oktober 2002. Es war ein persönlicher Kontakt zu Hans Otterbein, dem damaligen Bezirksvorsitzenden in Frankfurt. Wir arbeiteten gemeinsam an einem Projekt, der Neubaustrecke Rhein-Main/Rhein Neckar. Wir redeten über den Verband und er hat mir die Vorteile dargelegt: Netzwerkbildung etc. Das erschien mir einleuchtend. Man hat mich zu Veranstaltungen eingeladen und letztendlich bin ich dann Mitglied geworden.

 

Was war der Grund dafür, sich letztendlich aktiv am Verbandsgeschehen zu beteiligen?

Es fing eigentlich damit an, dass ich irgendwann Hans Otterbein gesagt habe, dass ich Interesse habe, mitzuarbeiten. Ich dachte aber dabei eher an einen Arbeitskreis oder einen Fachbereich. Mit der Zeit wurde es einfach immer mehr. Ich bin dann gebeten worden, Sonderbeauftragter zu werden und jetzt eben auch Präsident. Ich finde schon sehr wichtig, dass der Präsident eben kein Ruheständler ist, sondern einfach jemand, der mitten im Berufsleben steht. Wobei das ja schon schwierig ist, so einen gewissen Ausgleich zu finden zwischen dem Verband und dem Berufsleben – und dann ist da ja auch noch die Familie.

 

Wie schaffen Sie den Ausgleich, haben Sie Aktivitäten, die Sie fit halten?

Na ja, Hobbys? Jein. Früher habe ich viel Sport getrieben: Volleyball, Fußball, Tennis. Ich bin gejoggt. Leider ist das in den vergangenen Monaten deutlich zu wenig geworden. Aber ich habe den festen Vorsatz, dass ich da wieder ein bisschen mehr mache. Ansonsten finde ich einen kraftschöpfenden Ausgleich bei meiner Familie, bei Ausflügen mit den Kindern und mit meiner Frau.

 

Letzte Frage: Je einen Wunsch an die Branche, an die Verbandsmitglieder und an die Familie. Wie sehen Ihre Wünsche aus?

Von der Bahnbranche wünsche ich mir etwas Verständnis und Geduld mit der gegenwärtigen Situation des Verbandes. Es kann nicht alles sofort nach einem Neustart perfekt funktionieren. Das neue Präsidium wird alles dafür tun, um in kurzer Zeit die Ansprüche, die die Branche logischerweise an einen Verband wie den VDEI stellt, auch wieder voll und ganz zu erfüllen.

Von den Mitgliedern wünsche ich mir vor allem eines: Engagement. Engagement, sich in den Verband einzubringen. Engagement, neue Mitglieder in ihrem beruflichen Umfeld zu suchen und anzusprechen. Und das neue Präsidium größtmöglich zu unterstützen. Denn nur im Teamwork werden wir erfolgreich sein.

Und von meiner Familie: Eigentlich keine (schmunzelt). Denn von ihr habe ich die Zusage, dass sie mich bei meiner neuen Aufgabe für den Verband mental unterstützen wird und Verständnis dafür hat, dass mein privates Zeitbudget in den kommenden Monaten eher knapp bemessen sein wird.

 

Herr Prof. Lademann, vielen Dank für das Gespräch.

 

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Artikel von Interview aus dem EI, Ausgabe 09/12
Artikel von Interview aus dem EI, Ausgabe 09/12