Martin Schmitz
"Investieren, um die Attraktivität des Schienenverkehrs zu erhöhen"
Elektroautos und innovative Verkehrskonzepte der Automobilindustrie drohen, den Umweltbonus des Schienenverkehrs zu verringern. Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), fordert, die Technik effizient als Mittel im Wettbewerb um den Fahrgast einzusetzen.
Herr Schmitz, Sie sind seit einem halben Jahr Geschäftsführer Technik beim VDV. Welche Schwerpunkte haben Sie sich gesetzt?
Ein Schwerpunkt wird die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV sein, ein Zweiter, Innovationen voranzubringen. Aktuell steht bei uns die Einführung der Abgasnorm Euro 6 an sowie weitere Lärm- und Umweltfragen. In diesem Rahmen ist die Überleitung vom Diesel- zum Elektroantrieb in der Diskussion. Wir diskutieren natürlich auch die Wirtschaftlichkeit im Schienenverkehr sowie die Zulassung von Fahrzeugen. Ein weiteres Thema ist die Finanzierung. Es gibt Kommunen, die angesichts der ungeklärten Finanzierung Investitionen in die Technik zurückfahren, wodurch neue Ideen und Konzepte nicht umgesetzt werden, was sich wiederum auf die Attraktivität des Nahverkehrs auswirkt. Schon jetzt gibt es einen großen Investitionsrückstau, der immer schwieriger wird abzuarbeiten. Denn der Prozess ist langwierig, Ausschreibungen müssen durchgeführt, Fahrzeuge bestellt, zugelassen und geliefert werden. Deswegen haben wir als VDV ein großes Interesse daran, dass die Vorschläge der Daehre-Kommission weiter diskutiert werden. Unser Ziel ist eine kontinuierliche Finanzierung des Nahverkehrs, unabhängig von politischen Wetterlagen.
Um den öffentlichen Nahverkehr günstiger und die Ausschreibungen einfacher und schneller zu machen, wird eine Vereinheitlichung der Anforderungen an das Rollmaterial gefordert. Wird es irgendwann einen „VDV-Standard“, d.?h. einheitliche Anforderungen an die Fahrzeuge, die in den Verkehrsunternehmen eingesetzt werden, geben?
Wir arbeiten an einer Standardisierung, die eine schnellere Zulassung und Lieferung von Fahrzeugen ermöglichen soll. Wir beschränken uns dabei jedoch auf die Anforderungsbeschreibung und die eindeutige Definition der Schnittstellen. Ziel ist, auch bei den Nachlaufkosten durch einheitliche Schnittstellen einen Wettbewerb zu ermöglichen. Die konkrete Ausführung eines Fahrzeuges ist Verhandlungssache zwischen Aufgabenträgern, Verkehrsunternehmen und Lieferanten. Ein VDV-BOStrab-Standardfahrzeug kann es nicht geben, weil die Anforderungen im Einsatz zu unterschiedlich sind. So gibt es beispielsweise unterschiedliche Lichtraumprofile oder unterschiedliche Betriebssysteme.
Und verschiedene Hersteller.
Wir wollen den Wettbewerb der Hersteller und profitieren von den unterschiedlichen Lösungsansätzen, die in den Unternehmen entwickelt werden. Doch wir wollen, dass die technischen Lösungen „verzahnter“ sind, dass man also Einzelkomponenten austauschen kann. Durch diese Standardisierung der Schnittstellen hoffen wir, den Preis beeinflussen zu können, aber auch den Zulassungsprozess und die Lieferzeiten zu verkürzen.
Welche Haltung vertreten Sie beim „Runden Tisch Zulassung“?
Beim „Runden Tisch“ geht es augenblicklich um die Vereinfachung der Prozesse in der Zulassung. Es soll festgelegt werden, wer welche Verantwortung im Zulassungsprozess übernimmt, wer was dokumentieren muss und welche Fristen gegeben werden. Welche technischen Stellschrauben zu drehen sind, steht erst an zweiter Stelle.
EBA-Chef Gerald Hörster hat unabhängige Zertifizierungsstellen für Eisenbahnfahrzeuge, analog zum TÜV, in die Diskussion gebracht.
Eine solche Lösung ist für uns als VDV in Ordnung. Uns geht es um eine Lösung, die den Zulassungsprozess beschleunigt und uns verlässliche Termine garantiert. Wer genau die Fahrzeuge zulässt beziehungsweise die Unterlagen prüft, ist uns egal. Hauptsache, der Prozess läuft termingerechter ab als bisher. Der VDV hat schon länger den Einsatz von Prüf- und Checklisten vorgeschlagen, um den Prozess transparenter gestalten zu können.
Auf Grund der vielen anstehenden Projekte erscheint das EBA zur Zeit unterbesetzt zu sein. Der hierdurch entstehende Druck sowie die personenbezogene Haftung, die aus unserer Sicht in eine Amtshaftung überführt werden sollte, führt dazu, dass die Prozesse langsamer laufen, weil sich die Einzelnen verständlicherweise weitgehend juristisch absichern...
Plattformzulassungen sind laut novelliertem Eisenbahngesetz bei Neufahrzeugen doch jetzt schon möglich.
Die Fahrzeuge, die jetzt ausgeliefert werden sollen, werden noch nach dem alten System zugelassen. Das „Handbuch Eisenbahnfahrzeuge“, das der Neuregelung zugrunde liegt, ist eine geniale Lösung, das genau die Verantwortlichkeiten und Fristen definiert. Deshalb meinen wir als VDV, dass uns das wirklich weiter hilft.
Was kommt aus Brüssel auf die Unternehmen zu?
Das Chaos. Wenn die Zuschüsse für BOStrab-Unternehmen zukünftig in Brüssel und nicht über nationale Parlamente geregelt werden, hieße das, dass die EU-Kommission von heute auf morgen die Existenz der Verkehrsunternehmen in Gefahr bringen kann.
Wir sind froh, dass die verbindliche Trennung von Netz und Betrieb aus dem Recast verschwunden ist. Die Trennung von Netz und Betrieb würde weiterhin die vielen NE-Bahnen mit eigenem Netz wirtschaftlich stark belasten. Wettbewerb findet auch heute schon durch Ausschreibungen statt. Man kann sich jedoch überlegen, zusätzliche Kontrollinstanzen einzuführen, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.
Zum Beispiel dadurch, dass die Bundesnetzagentur mehr bei den Trassenpreisen zu sagen hat.
Dies wäre eine Variante. Wichtig wäre unter anderem eine verlässliche Regulierung und planbare Entwicklung der Trassenpreise sowie stetige und bedarfsgerechte Investitionen in die Infrastruktur.
Das würde besonders im SPNV viele Druck wegnehmen, wo die Trassenpreise überproportional steigen. Augenblicklich fließt ein erheblicher Anteil der Einnahmen auf Grund von Fahrgastzuwächsen im boomenden SPNV-Markt in die Trassen. Freiwerdende Gelder könnten dann in Fahrzeuge und Technik investiert werden.
Nachdem der BOStrab Bereich aus dem Recast herausgenommen wurde, wurde eine Standardisierungsinitiative auf EU Ebene gestartet. Was erwarten Sie von dem Mandat (M) 486?
Bisher ist der BOStrab-Bereich nicht europaweit standardisiert. Dies soll mit dem Mandat M 486 erreicht werden. Der Ansatz ist gut, wenn wir dadurch zu einer höheren Standardisierung im Fahrzeugbereich kommen und damit einer Maschinenrichtlinie für Straba Fahrzeugen einen Schritt näher kämen. Jetzt kam allerdings ein Vorschlag aus Italien, der diesen Ansatz zu einem europaweiten Systemansatz weiterentwickeln will. Dabei würde nicht nur die Technik standardisiert, sondern auch der Betrieb. Ein solches Vorgehen würde unser ganzes BOStrab-System auf den Kopf stellen und gefährden. Dann hätten wir auch in Deutschland ein System wie in Frankreich oder in England mit funktionalen Verantwortlichkeiten, aber keinen Menschen mehr, die als Betriebsleiter persönlich für den Betrieb verantwortlich sind und in ihren Entscheidungen nicht weisungsgebunden sind.
Normalerweise standardisiert die EU mit Blick auf den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Menschen. Warum sollte sie nun den BOStrab-Betrieb regeln?
Es gibt in den EU-Staaten große, europaweit tätige Unternehmen im ÖPNV-Bereich, die ein Interesse daran haben, dass ihre Unternehmensprozesse zum Standard werden, wodurch sie im Wettbewerb leichter andere Anbieter verdrängen können.
Wie wollen Sie den Anforderungen gerecht werden?
Es gibt 56 Normvorschläge der EU, die augenblicklich diskutiert werden. Diese Vorschläge arbeiten wir durch und prüfen, ob sie Vielfalt im Betrieb bei weitgehender technischer Standardisierung gewährleisten können. Der Prozess läuft jetzt an und soll 2019 beendet sein.
Dies bringt einen erheblichen Aufwand für den VDV mit sich. Rund 150 Fachleute müssen sich über die kommenden drei Jahre mit dem Regelwerk befassen. Problematisch kann sein, dass die entsprechenden Ausschüsse in der EU mit Mitgliedern der Vollbahnen besetzt sind. Es besteht die Gefahr, dass sie die hohen Sicherheitsanforderungen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs auch auf den ÖPNV übertragen. Wer üblicherweise nur über 300?km/h nachdenkt, verliert eventuell aus dem Blick, dass bei 50 km/h andere Sicherheitsstandards vollkommen ausreichend sind. Zu hohe und damit unnötige Sicherheitsanforderungen gefährden die Wirtschaftlichkeit und verhindern Investitionen in höheren Fahrgastkomfort und Fahrgastechtzeitinformationen, die im intermodalen Wettbewerb mit dem Auto dringend notwendig sind.
Wir müssen das Geld und die Zeit richtig investieren, so dass die Infrastruktur erhalten bleibt und die Benutzung von Bus und Bahn attraktiver wird. Wir müssen hierzu Wegeketten von Tür zu Tür aufzubauen.
Die Automobilindustrie besetzt zunehmend Themen der Bahnindustrie.
Die Bahnindustrie ist hier etwas behäbig. Die Automobilindustrie arbeitet an komplett computergesteuerten Autos und Lkws, die man zu Zügen auf der Autobahn koppeln kann, und möglicherweise auch elektrisch betrieben sind – das wird sicher kommen. Der Wettbewerber Straße entwickelt wesentlich schneller als die Bahnindustrie neue Systeme, bekommt diese schneller zugelassen und bringt sie schneller auf den Markt. Die Bahnindustrie muss sich überlegen, was sie dieser Dynamik entgegensetzt. Zwar beweisen Studien, dass der ÖPNV/SPNV immer umweltfreundlicher als das Auto sein wird, doch der Abstand verringert sich. Die Konzepte, die jetzt vorangetrieben werden, sind sehr innovativ. Die Automobilindustrie setzt beispielsweise stark auf Carsharing-Modelle, um ihre Elektroautos, die augenblicklich wegen des hohen Preises individuell kaum nachgefragt werden, in den Markt zu bringen. Als VDV müssen wir hier aufpassen und beispielsweise verhindern, dass Busspuren für Elektroautos freigegeben werden. Auch Elek-troautos sind und bleiben immer noch Autos, mit entsprechendem Platzanspruch. Eine Freigabe der Busspuren würde dazu führen, dass die Busse wieder im Stau stehen.
Die Automobilindustrie nimmt sehr viel Geld in die Hand.
Angesichts der augenblicklichen Diskussion um die Finanzierung des ÖPNV steht zu befürchten, dass die notwendigen Investitionen nicht gemacht werden. Das ist gefährlich, denn einmal versäumte Investitionen potenzieren sich über die Jahre hinweg. Doch der politische Wille ist entscheidend, nicht allein bei der Finanzierung. Frankreich zeigt, wie der Ausbau des ÖPNV aktiv zur Stadtgestaltung eingesetzt werden kann: Autos werden aus den Innenstädten zurückgedrängt, es entstehen neue öffentliche Plätze und Grünflächen, ein verändertes Stadtgefühl. Dies wäre auch in Deutschland machbar.
Manche Städte wie das belgische Hasselt oder jüngst die estnische Hauptstadt Tallinn gehen so weit, den ÖPNV ganz kostenlos anzubieten.
Dem stehen wir als VDV kritisch gegenüber. Der SPNV/ÖPNV benötigt zu seiner Entwicklung stetige und in der Tendenz steigende Investitionen. Würde dies allein aus Steuergel-
dern finanziert, befürchten wir eine Verschlechterung des Angebots. Außerdem halten wir die Anreizfunktion, dass mehr Fahrgäste mehr Einnahmen bringen, wichtig für die Weiterentwicklung des Verkehrs.
Wie können Sie als Technik-Vorstand VDV die Innovationen in der Branche voranbringen?
Im wesentlichen durch intensive Diskussionen in unseren Arbeitskreisen und als Vermittler zur Industrie und Politik.
Gehen Sie aktiv auf Universitäten zu?
Wir gehen verstärkt auf die Studierenden zu, bringen den ÖPNV als Verkehrsthema der Zukunft ein, sowohl gesellschaftlich als auch für sie ganz persönlich, als mögliche Karriereentscheidung. Der ÖPNV hat als potenzieller Arbeitgeber bei der jüngeren Generation nicht das beste Image, daran müssen wir arbeiten. Denn Jobs im Nahverkehr sind vielfältig und abwechslungsreich, gerade für junge Ingenieure: Bei uns arbeitet man an der Entwicklung des gesamten Fahrzeugs, während man beispielsweise in der Automobilindustrie jahrelang nur einzelne Komponenten wie meinetwegen den Außenspiegel weiterentwickelt.
Wie kann die Technik zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit beitragen?
Wir arbeiten daran, positive Erfahrungen zusammenzutragen und über unsere VDV-Schriften der Industrie zurückzuspiegeln, sodass bessere Produkte entwickelt werden können. Einsparungen bringt auch die Umstellung auf elektrischen Betrieb, weil der energieeffizienter ist, allerdings nur dann, wenn der Strom aus regenerierbaren Energien gewonnen wurde.
Ist ein noch energiesparender SPNV/ÖPNV vorstellbar?
Je mehr Fahrgäste wir haben, desto energiesparender ist der SPNV/ÖPNV. Auf technischer Ebene könnten die Fahrzeuge noch leichter werden. Bei der Klimatisierung kann man sich fragen, wie weit heruntergekühlt werden muss oder ob ein erhöhter Luftdurchsatz nicht doch ausreicht. Hierzu gibt es Forschungs- und Entwicklungsprojekte wie beispielsweise den Ecotrain. Das Haupteinsparpotenzial liegt bei den Nebenverbrauchern, die heute schon 30 bis 40 Prozent der Energiekosten ausmachen.
Die man aber braucht, um die Attraktivität des SPNV und ÖPNV im Vergleich mit dem Auto zu erhöhen.
Klimaanlage, W-Lan, Steckdosen, Fahrgastinformationen auf großen Bildschirmen, Entertainment – das alles braucht Strom. Doch man kann aus den Systemen noch einiges herausholen.
Was man eventuell tun muss, wenn der SPNV/ÖPNV nicht mehr zu den Ausnahmen des Gesetzes über Erneuerbare Energie (EEG) zählt.
Ganz klar: die Ticketpreise erhöhen, und zwar um mindestens drei Prozent zusätzlich. Denn sollte den Schienenbahnen die Erstattung der EEG-Umlage für den Fahrstrom weggenommen werden, wären das auf einen Schlag Mehrkosten von 230 Millionen Euro pro Jahr.
Das kann die Branche nicht auffangen, das Geld müsste über den Ticketpreis zusätzlich eingenommen werden. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: von den betroffenen Unternehmen will das niemand, aber sollte die Regierung so entscheiden, ließe man ihnen gar keine andere Wahl. Denn die Straßen- und Eisenbahnen können ja nicht auf einmal weniger Fahrstrom verbrauchen, um dort etwas einzusparen. Wir setzen uns natürlich dafür ein, dass es nicht soweit kommt. Denn umweltpolitisch wäre es geradezu paradox, wenn man die umweltfreundliche Schiene gegenüber anderen Verkehrsträgern durch solche Zusatzkosten benachteiligen würde. Eine Energie- oder Verkehrswende erreicht man so garantiert nicht.
In Städten werden vermehrt Zweisystemfahrzeuge eingesetzt. Ist dies das Modell der Zukunft?
Stadtbahnmodelle sind gute Modelle, weil sie Stadt und Umland miteinander verknüpfen und das „lästige“ Umsteigen reduzieren. Wenn das Umland jedoch schon gut angebunden ist, macht es keinen Sinn, neu Zweisystemfahrzeuge einzuführen. Da es sich bei Zweisystemfahrzeugen um Sonderanfertigungen handelt, sind diese eben auch sehr teuer, was eine weite Verbreitung einschränken wird.
Und der Induktionsbus?
Die Nutzbarkeit von Elektrobussen wird durch einige Verkehrsunternehmen getestet. Die Zeichen stehen nicht schlecht, mit diesem Konzept auch eine wirtschaflich sinnvolle Alternative zu aktuellen Fahrzeugtypen zu erhalten. Ob sich eine induktive oder konduktive Aufladetechnik durchsetzen wird, muss sich noch zeigen. Wichtig wird sein, dass diese nicht zu einer System- oder Lieferanteneinschränkung führt. Wenn es dann noch eigene Busspuren gäbe, kann bis zu einer gewissen Kapazität ein Bussystem durchaus so attraktiv sein wie eine schwach ausgelastete schienengebundene Lösung.
Wie sehen Sie die Zukunft für fahrerlose Systeme?
Als Ingenieur bin ich von ihnen beeindruckt. Es handelt sich immerhin um eine Innovation, die den Schienenverkehr voranbringen kann und im Vergleich zur Luftfahrt oder Straße mit begrenzten Mitteln umsetzbar ist. Doch muss die wirtschaftliche Seite hinterfragt werden. Da wir in Deutschland meist gemischte BOStrab-Systeme, betreiben, in denen nur Teilstrecken fahrerlos gefahren werden könnten, ist der Mehrwert aktuell begrenzt. Für den Erfolg dieser Technologie ist eine Diskussion über eine Erweiterung des rechtlichen Rahmen und eine Diskussion in der Gesellschaft über die Akzeptanz an technischem Fortschritt nötig.
Im SPNV/ÖPNV sind die Lebenszyklen der Fahrzeuge lang. Heutige Forderungen an die Attraktivität beziehen immer häufiger Techniken ein, deren Lebenszeit nur noch wenige Jahre beträgt, Stichwort Smartphone. Wie können Sie verhindern, dass sich die gemachten Investitionen innerhalb kürzester Zeit entwerten?
Über Schnittstellendefinitionen. Wir können somit neue Module einführen ohne das ganze System austauschen zu müssen. Neue Applikationen sind schnell entwickelt, wenn die Datenformate und -schnittstellen klar sind.
Problematisch ist aus unserer Sicht, dass der technische Bereich in den Unternehmen immer weiter zurückgefahren wird. Wir haben immer weniger technische Vorstände und es gibt über die Aufrechterhaltung des technischen Betriebs hinaus immer weniger Freiräume, die für technische Innovationen wichtig wären.
Wer die Daten hat, hat die Macht. Google versucht, die Hoheit über die Mobilitätsauskunft zu bekommen.
Dem stehen wir kritisch gegenüber, unterstützen es jedoch bis zu einem gewissen Grade. Denn je besser der Zugang der Kunden zu unseren Daten ist, desto eher nutzen sie den ÖPNV. Wichtig ist uns, unsere eigenen Systeme beizubehalten, um die Vertriebshoheit und den Kundenkontakt nicht zu verlieren.
Leidet der ÖPNV in Stuttgart unter den Verzögerungen bei S21?
Jedes Projekt, das sich verzögert, bringt Probleme mit sich. Im politischen Rahmen wird immer nur die ICE-Verbindung diskutiert, doch es geht ja auch um den Ausbau der Stadtbahn. S21 ermöglicht neue Stadtbahntangentiallinien. Eine Verlagerung des zentralen Bahnhofs zum Flughafen wäre für den ÖPNV fatal gewesen. Es ist gut, dass der Bahnhof in der Innenstadt bleibt.
Welche Rolle kann der SPNV im ländlichen Raum spielen?
Eine feste Strecke stellt einen Mehrwert dar und bietet Investoren langfristige Planungsmöglichkeiten. Damit das Potenzial einer Strecke zum Tragen kommen kann, muss jedoch die Raumplanung die SPNV-Anbindung stärker berücksichtigen. Wenn ein Baugebiet ausgewiesen wird, ein Einkaufszentrum errichtet, ein Kindergarten eröffnet, muss der Bahnhof in der Nähe sein. Der SPNV bildet das Grundgerüst, an der sich die restliche Infrastruktur ausrichten sollte, damit die Investitionen effizient genutzt werden. Eine Zersiedelung der Landschaft können wir uns nicht mehr weiter leisten.
Sie haben unter anderem in Frankreich studiert. Wie wichtig ist ein Auslandsstudium?
Sehr wichtig. Europa wächst zusammen. Man muss sich gegenseitig kennen und verstehen lernen. Andere Sichtweisen kennenzulernen und die eigene Position zu hinterfragen, halte ich für sehr wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung.
Wie entspannen Sie sich?
Ich fahre Fahrrad und gehe gerne schwimmen. Die größte Entspannung ist für mich meine Familie. Nach einem Wochenende mit meinen Kindern komme ich mit freiem Kopf wieder ins Büro.
Herr Schmitz, wir danken für das Gespräch.
(Das Gespräch führte Dagmar Rees)
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