Martin Schmitz
"Die Maßnahmen müssen endlich umgesetzt werden"
1. Herr Schmitz, welche Erwartungen haben Sie an die neue Bundesregierung?
Grundsätzlich bewerten wir die Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung als positives Signal für die Mobilität, denn viele Kernforderungen unserer Branche sind nicht nur im Wahlkampf von den Parteien aufgegriffen worden, sondern finden sich auch dort wieder. Es gibt natürlich auch einige Punkte, bei denen wir Nachbesserungsbedarf sehen. Wichtig ist, dass die Regierung ihr selbst gestecktes Ziel, die strukturelle Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu beseitigen, zügig angeht.
2. Obwohl sich die Parteien im Koalitionsvertrag für eine bessere Infrastrukturfinanzierung ausgesprochen haben, bleibt die tatsächliche Finanzierung vage. Was wäre Ihr Modell einer zukunftsweisenden Finanzierung?
Es war nicht zu erwarten, dass in einem Koalitionsvertrag detaillierte Finanzierungsmodelle zu finden sind. Das kann eine solche Vereinbarung, die in erster Linie den politischen Willen der Koalitionäre ausdrückt, auch nicht leisten. Trotzdem ist richtig, dass an einigen Stellen die nötige Verbindlichkeit fehlt. Dabei ist der richtige Weg beziehungsweise das Finanzierungsmodell doch offensichtlich: Sowohl die Daehre- als auch die Bodewig-Kommission haben die notwendigen Maßnahmen aufgezeigt. Diese müssen jetzt von der Regierung konsequent umgesetzt werden, auch wenn das an der einen oder anderen Stelle „wehtut“. Wir stehen als Verband voll und ganz hinter der fachlich guten und überparteilichen Arbeit dieser Expertenkommissionen.
3. Was müsste konkret in den kommenden 4 Jahren passieren?
Das muss man eigentlich niemandem mehr erklären, schon gar nicht innerhalb der Verkehrsbranche, deshalb in Stichworten: verlässliche Anschlussregelung beim GVFG und bei den Entflechtungsmitteln. Dazu eine verantwortungsvolle Revision der Regionalisierungsmittel sowie die Ausweitung der Nutzerfinanzierung bei allen Verkehrsarten. Und das alles möglichst zeitnah, denn es ist schon zu viel Zeit mit politischen Diskussionen verstrichen, das Ganze muss nun endlich umgesetzt werden.
4. Die Revision der Regionalisierungsmittel steht an. Welches Ergebnis wäre notwendig?
Klar ist: eine reine Fortschreibung des Status Quo reicht nicht aus. Das hat damit zu tun, dass die Regionalisierungsmittel in der Vergangenheit, als man eigentlich in den Ausbau des Schienenverkehrs in Deutschland mehr hätte investieren müssen, gekürzt oder „eingefroren“ wurden. Und jeder Manager weiß: Investitionen, die man in der Vergangenheit nicht getätigt hat, lassen sich nur schwer wieder aufholen. Wir fordern daher eine deutlich höhere jährliche Dynamisierung der Regionalisierungsmittel von drei Prozent und schließen
uns damit dem einstimmigen Beschluss der letzten Verkehrsministerkonferenz an.
5. Die Kommunen und Verkehrsunternehmen in Deutschland haben unterschiedliche finanzielle Spielräume. Jüngstes Beispiel: Düsseldorf und Duisburg. Wie geht der VDV mit solchen Ungleichheiten um? Müsste es einen Solidarfonds der Verkehrsunternehmen geben?
Diese Aufgabe ist keine, die die Verkehrsunternehmen unter sich lösen können. Eigentümer der Verkehrsinfrastruktur sind die Städte und Kommunen, nicht die Unternehmen, die dort fahren. In vielen der Infrastrukturen stecken zudem auch Landes- und Bundesmittel. Die Unterfinanzierung beziehungsweise das fehlende Geld für Instandhaltung ist also zunächst mal ein haushalts- und verkehrspolitisches Problem, das nur durch entsprechende politische Entscheidungen gelöst werden kann. Und zwar von allen beteiligten Partnern: Bund, Land, Städte und Kommunen. Nun ist es kein Geheimnis, dass viele Kommunen – gerade auch im Ruhrgebiet – finanzielle Probleme haben und einfach kein Geld in der Kasse, um umfangreiche Infrastrukturinvestitionen zu tätigen.
Hier braucht es sinnvolle Hilfestellungen vom Land und vom Bund. Die gesetzlichen Möglichkeiten dazu sind durch das GVFG und das Entflechtungsgesetz vorhanden, man muss diese Instrumente und deren Spielräume allerdings auch nutzen.
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