Malte Lawrenz
„30 % höhere Trassenpreise für laute Güterwagen"
Malte Lawrenz will eine deutliche Trassenpreisspreizung zwischen lauten und leisen Güterwagen ab 2020. Der Vorsitzende des Verband der privaten Güterwagenhalter (VPI) sieht sonst das Ziel der Lärmhalbierung gefährdet.
1. Rheinland-Pfalz dringt mit einer Bundesratsinitiative darauf, dass umgehend ordnungsrechtliche Maßnahmen, wie beispielsweise Nachtfahrverbote, greifen, sollten 2016 nicht wenigstens 50 % der Güterwagen auf lärmarme Bremssysteme umgerüstet sein. Was wären die Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr?
Schon die Folgen von nächtlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen wären gravierend: 10 % höhere Transportkosten, 30 % weniger Transportaufkommen und eine um 10 % verlängerte Beförderungszeit. Ein gänzliches Nachtfahrverbot hätte sogar eine fast vollständige Verlagerung der Transporte auf die Straße zur Folge. Diese alarmierenden Zahlen hat ein Gutachten der VIA Consulting und Railistics ergeben, das wir gemeinsam mit VDV und BDI in Auftrag gegeben hatten.
2. Wie hoch ist der Grad der Umrüstung bei den privaten Wagenhaltern?
Ende 2015 werden wir 21 848 neue Wagen mit K-Sohle und 3011 umgerüstete Wagen mit LL-Sohle auf die Schiene bringen. 51,1 Prozent der in Deutschland verkehrenden privaten Güterwagen werden Ende 2016 mit Flüsterbremsen fahren. Ende 2020 werden schließlich 100 Prozent der dann rund 60 000 privaten Wagen umgestellt sein, die sich in 38 625 neue Wagen und 21 375 umgerüstete Wagen aufteilen. Diese Zahlen hat die hwh, Gesellschaft für Transport und Unternehmensberatung, bei den VPI-Mitgliedsunternehmen abgefragt.
3. Sie fordern eine Spreizung der Trassenpreise um 30 % ab 2020, laute Güterwagen sollen also 30 % teurer sein als leise. Warum?
Lärmquelle Nummer 1 drohen in Zukunft laute ausländische Güterwagen zu sein. Den 120 000 leisen Wagen von privaten Haltern und DB Schenker werden 2020 noch immer 60 000 mehrheitlich laute ausländische Wagen gegenüberstehen – und in gemischten Zugverbünden durch Deutschland rollen. Die für eine halbierte Lärmemission notwendige Quote von 90 % leiser Waggons im Zugverbund kann so kaum erreicht werden. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, mit klaren Regeln zu verhindern, dass laute Wagen aus dem Ausland nach 2020 in Deutschland fahren. Bislang ist nichts passiert.
Deshalb haben wir jetzt unseren Vorschlag einer spürbaren Trassenpreisspreizung für laute und leise Züge in die Debatte eingebracht. Rechtzeitig angekündigt, setzt sie auch bei ausländischen Güterwagenhaltern die Umrüstung ihrer in Deutschland verkehrenden Flotten in Gang. Schlicht, weil sich der Einsatz von alten lauten Wagen in Deutschland dann nicht mehr rechnet.
Eine solche Regelung über Marktmechanismen wäre europaweit hochwirksam. Laute Wagen würden bei einem 30 % höherem Trassenpreis nicht mehr nachgefragt: Bei einer Preisspreizung von 30 % müsste eine Verlader bei der Anmietung eines lauten Wagens rund 10 % höhere Transportkosten zahlen. Idealerweise hätte die Trassenpreisspreizung ihre Wirkung erfüllt, bevor sie überhaupt zum Einsatz kommt.
4. Passt ein System der gespreizten Trassenpreise in Deutschland zu Europa?
Ja, absolut. Eine solche Trassenpreisspreizung steht im Einklang mit der EU-Verordnung 2015/429 vom 13.03.2015, die die Ausgestaltung von Trassenpreissystemen regelt.
5. Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene kommt nicht so recht voran. Was wäre aus Ihrer Sicht die wichtigste politische Maßnahme, die die Verlagerung voranbringen würde?
Was wir brauchen sind gleiche Wettbewerbsbedingungen für Straße und Schiene. EEG-Umlage, ECM-Verpflichtungen, Längenbeschränkungen bei Güterzügen, Lärmauflagen: Die Liste der einseitigen Belastungen für den Schienengüterverkehr ließe sich beliebig fortsetzen. Ohne fairen Wettbewerb droht die Schiene jedoch auf der Strecke zu bleiben. Die Bundesregierung muss schnell handeln, will sie Verkehre von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene verlagern – so wie sie es im Koalitionsvertrag als Ziel festgeschrieben hat.
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