Interviews

Christian Pegel

Fernverkehrsgesetz soll Grundversorgung sichern

Christian Pegel ist Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz (VMK). Die Länder wollen im Bundesrat ein Gesetz zur Sicherung des Schienenfern­verkehrs einbringen. Fern- und Nahverkehr sollen sich sinnvoll ergänzen.

1. Die Länder wollen im Bundesrat ein Gesetz zur Sicherung des Schienenfernverkehrsangebots einbringen. Warum?
Weil sich die Bahn mit Fernverkehrsangeboten immer weiter aus der Fläche zurückzieht, sind die Länder gezwungen, fehlenden Fernverkehr mit Regionalzügen zu ersetzen. Da die vom Bund bereit zu stellenden Regionalisierungsmittel die realen Kosten nicht decken und die zukünftige Ausgestaltung dieser Mittel gänzlich unklar ist, sehen die Ländern Handlungsbedarf im Bereich des Fernverkehrs. Es muss eine Grundversorgung der Fläche mit Fernverkehrsangeboten gewährleistet sein. Dies ist die Stoßrichtung des Gesetzes.


2. Die Deutsche Bahn (DB) hat gerade ihr neues Fernverkehrskonzept vorgestellt, das das Angebot im Fernverkehr ausweitet. Wie verhalten sich das geplante Sicherungsgesetz und DB-Fernverkehrskonzept zueinander?
Die Länder begrüßen diese Initiative grundsätzlich. Wichtig ist aus Sicht des Landes, dass sich der Fernverkehr auf geeignete Weise in den integralen Taktfahrplan des Nahverkehrs einordnen lässt. Fern- und Nahverkehr müssen sich zu Gunsten eines besseren Angebotes für die Fahrgäste sinnhaft ergänzen. Auch für den Güterverkehr müssen genügend Trassen verfügbar bleiben. Das geplante Sicherungsgesetz und die Eigeninitiative der DB stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern haben dasselbe Ziel. Nur bei ausgeweitetem Fernverkehr können die Länder ihrer Kernaufgabe, der Organisation eines attraktiven Nahverkehrs, besser nachkommen.


3. Ein Punkt in der Diskussion um das geplante Gesetz war, die Einführung von Tarifmodellen zu verhindern, die den Fernverkehr teilweise aus Regionalisierungsmitteln für den Nahverkehr finanzieren. Wo liegt für Sie die Gefahr und was sind die Lösungen?
Vertreter der Bahn bekräftigten vor der VMK, dass die geplante Offensive komplett eigenwirtschaftlich finanziert werden soll. Das ist für mich und die Kollegen in den Ländern die Geschäftsgrundlage. Regionalisierungsmittel haben einen klar definierten Zweck: eben nicht Fernverkehr zu substituieren oder einer Co-Finanzierung zu dienen. Die VMK beobachtet weiter kritisch die nächsten Schritte der Umsetzung.


4. Die Länder wollen bei der Priorisierung des Bundesverkehrswegeplanes eine enge Einbindung der Länder. Wie soll diese aussehen? Gibt es schon eine Prioritätenliste, die die Länder unter sich abgestimmt haben?
Es gibt noch keine Abstimmung unter den Ländern. Es geht im ersten Schritt darum, in welchem Umfang die zur Verfügung stehenden Mittel zwischen den Verkehrsträgern aufgeteilt werden. Dazu wurden bereits Gesprächstermine mit dem Bund verabredet. In den weiteren Schritten muss der Bund seine Nutzen-Kosten-Rechnungen und strategischen Überlegungen zu Verkehrsachsen und wichtigen Einzelprojekten vorstellen. Dann haben wir eine Grundlage zur Abstimmung.


5. Die Finanzierung der Infrastruktur ist ein Dauerthema bei der Verkehrsministerkonferenz – diesmal war sie jedoch nicht Schwerpunkt, sondern wurde auf den Herbst verschoben. Was soll bis dahin passieren?
Die VMK begrüßt, dass der Bund bereits mehr Mittel zur Verfügung stellt. Aber noch sind wir weit von dem entfernt, was gemäß Daehre- und Bodewig-Kommission benötigt wird. Gerade in puncto Verstetigung bedarf es konkreter Lösungen. Die Ideen zu ÖPP-Projekten muss man sich genauer anschauen, da kommt es auf den Einzelfall an. Wir benötigen nicht nur mehr Geld, um einen Investitionsstau aufzulösen, wir benötigen dauerhaft mehr Geld, um den Erhalt der In­frastruktur zu gewährleisten.

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Artikel von Interview aus der ETR Ausgabe 5/2015
Artikel von Interview aus der ETR Ausgabe 5/2015