VDB: Dynamischer Anstieg der Aufträge für deutsche Bahnindustrie
Im ersten Halbjahr 2019 verzeichnete die Bahnindustrie in Deutschland ein Auftragsvolumen von 8,1 Milliarden Euro - ein dynamischer Anstieg von rund 25 Prozent.
Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager
Ein positives Bild zeichnete im Gespräch mit dem bahn manager Michael Fohrer, Vizepräsident Fahrzeuge des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland VDB, auf der Halbjahrespressekonferenz seines Verbands im Berliner Haus der Bundespressekonferenz:
"Ich schaue absolut positiv auf die Entwicklung der Bahnindustrie. Wir haben sehr gute Auftragseingänge, haben uns gesteigert, und das wird auch über die Jahre hin so folgen. Nun warten wir darauf, dass wir sehr viele Ausschreibungen bekommen und zeigen können, dass wir mehr Fahrgäste, eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen und des Verkehrs auf der Schiene schaffen werden."
Am umsatzstärksten bleibt der Bereich Rolling Stock, der rund 67 Prozent des gesamten Umsatzes ausmacht. Mit 5,2 Milliarden Euro erzielte die Bahnindustrie in Deutschland im Betrachtungszeitraum einen hohen Umsatz. Doch im Vergleich zum Vorjahr sank dieser um 3,7 Prozent, so Fohrer, und auch der Exportumsatz sank um 5 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Die Bahnindustrie in Deutschland spüre die internationale Konkurrenz, spüre die ungleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt.
"Es darf uns nicht passieren, dass unsere Klimaindustrie nur schwerlich Zugang zu ausländischen Märkten erhält, während Staatskonzerne aus Drittstaaten mit unverhältnismäßig billigen Preisen unseren Heimatmarkt umkrempeln. Es ist darauf zu achten, dass es ein fair play gibt."
Fohrer und VDB-Hauptgeschäftsführer Dr. Ben Möbius unterstrichen, alle Marktteilnehmer hätten die europäischen Regeln zu staatlichen Beihilfen einzuhalten. Das müsse auf europäischer und auch deutscher staatlicher Ebene überwacht und durchgesetzt werden. Hilfreich könne die Forderung bei Ausschreibungen sein, siegreiche Produkte sollten bis zu 50 Prozent lokaler Komponenten enthalten. Generell müssten bessere Vergabekriterien her. Fohrer: "Wenn Sie heute Ausschreibungen anschauen, die in Deutschland getätigt werden, dann ist es oft der Fall, dass 70 Prozent in der Bewertung der Anschaffungspreis ist. Das verhindert Innovationen, das verhindert Ideen für eine dreißigjährige Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit, und das behindert den technischen Fortschritt." Dr. Möbius: "Wenn Sie sich im Grunde auf den Anschaffungspreis fixieren, dann ist die Gefahr groß, dass es hier und da mal nur 08/15-Lösungen gibt, und die möglichst billig. Das kann aber nicht der Anreiz sein für das Schienensystem der Zukunft."
Dr. Möbius unterstrich, dass eine digitalisierte Schiene in Deutschland bis 2030 rund 24 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an Emissionen einsparen könne - vorausgesetzt, die Fahrgastzahlen verdoppeln sich, und der Schienengüterverkehr wächst kräftig. Das entspräche einem Potenzial von fast der Hälfte des laut Klimaschutzplan der Bundesregierung nötigen Emissionsminus in der Mobilität. Dazu müsse vor allem eine rasche Ersetzung veralteter Stellwerkstechnik durch moderne Digitaltechnik sowie die breite Einführung von ETCS-Sicherungstechnik stattfinden, betonte VDB-Geschäftsführer Axel Schuppe. "McKinsey hatte ausgerechnet, dass man für die komplette Digitalisierung des Schienennetzes in Deutschland in etwa 32 Milliarden Euro benötigt, davon 28 Milliarden Euro für die Infrastruktur und vier Milliarden Euro für die Fahrzeuge." Davon sei Deutschland noch deutlich entfernt, doch die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung seien ein wichtiger Einstieg. Dabei war Dr. Möbius eines wichtig: "Man wird mit Verboten und Dirigieren und Verteuern bis hinein in den Familienurlaub gar nichts erreichen, sondern entscheidend ist Innovation für ein gutes Angebot. Dann werden die Menschen von sich aus einfach, weil es attraktiv ist, auf die Schiene umsteigen und klimaneutral unterwegs sein." Zur Attraktivität moderner Schienenverkehre gehöre auch, bei neuen Fahrzeugen "kreatives Design" zu fördern: "Das ist ein Punkt, der den Menschen gerade in Großstädten heutzutage wichtig ist, das muss man abwägen, und das ist dann eben auch marktanteilsrelevant."
Das Fazit für Michael Fohrer: "Mit dem Herrn Ferlemann als Bahnkoordinator und auch mit den Ansiedlungen der verschiedenen Fachkreise ist schon Schwung drin. Aber es muss noch ein bisschen mehr Schwung rein."