Eine übergreifende Datenplattform in NRW soll die Mobilitätswende voranbringen

Gastbeitrag von Jochen Harding, Geschäftsführer der Mobidrom GmbH und Jan Siempann, Account Manager Transport bei Materna.

Mobilitätsgewohnheiten verändern sich kontinuierlich. Dass eine Mobilitätswende dringend notwendig ist, zeigen zudem veraltete Infrastrukturen und nicht zuletzt auch die Klimakrise. Der Gesetzgeber hat bereits gehandelt und Initiativen wie das Mobilitätsdaten- und Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Wichtig für echte Verbesserungen sind optimal vernetzte Mobilitätsdaten verschiedener Verkehrsmittel und -träger. Digitalisierung fördert neues Mobilitätsverhalten, etwa indem multimodales Routing oder On-Demand-Services die Mobilitätserfahrung verbessern. Wie der effiziente Einsatz von Mobilitätsdaten die Mobilitätswende vorantreibt, zeigt der vorliegende Beitrag. 

 

Nordrhein-Westfalen geht mit gutem Beispiel voran: Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr möchte die Digitalisierung im Verkehrssektor beschleunigen und hat mit der NRW.Mobidrom GmbH eine eigene IT-Tochter für Mobilitätsdaten gegründet. Denn die digitale Vernetzung der flexibler werdenden Mobilitätsangebote rückt immer stärker in den Vordergrund.

Mit dieser Initiative schafft NRW eine umfassende Informationsgrundlage für Bürger, Mobilitätsanbieter und Kommunen, sodass die vorliegenden Daten das Umsteigen vereinfachen und nachhaltige Mobilität fördern. Die zugrunde liegenden Mobilitätsdaten müssen für alle Beteiligten flächendeckend, verkehrsmittelübergreifend und diskriminierungsfrei verfügbar sein.

So können neue Online-Services entstehen, die Reisende und Pendler unterstützen werden, auch beim täglichen Wechsel zwischen Verkehrsmitteln. Für die Menschen bedeutet die freie Verfügbarkeit von Mobilitätsdaten mehr Transparenz und eine einfache verkehrsträgerübergreifende Planung. Konkret wird es unter anderem komfortabel möglich sein, das Auto auf einen Park & Ride-Parkplatz abzustellen, in die Bahn umzusteigen und die letzten Meter zum Ziel mit einem Leihfahrrad oder Leihroller zurückzulegen – und das unter Berücksichtigung von Echtzeitdaten.

Um die Lieferung und Nutzung der Mobilitätsdaten für alle Beteiligten zu ermöglichen und einfach zu gestalten, entwickeln Mobidrom und Materna seit Anfang 2024 gemeinsam die Mobidrom Datenplattform. Die Plattform nimmt die Mobilitätsdaten entgegen, vereinheitlicht sie und stellt sie gebündelt bereit. Ab 2025 ist sie einsatzbereit für alle Akteure in NRW. Die Vorteile stellen sich für die verschiedenen Stakeholder sehr vielfältig dar, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:

 

Private und öffentliche Mobilitätsanbieter können mit standardisierten Schnittstellen (API, Application Programming Interfaces) und zentralen Services ihre Mobilitätsangebote qualitativ weiterentwickeln, vernetzen und die Reichweite erhöhen. Gebündelte und vereinheitlichte Mobilitätsdaten sowie darauf aufbauende Services reduzieren den Aufwand für die Datenintegration in den Unternehmen. Die standardisierte Schnittstelle minimiert außerdem die Aufwände für das Erfüllen gesetzlicher Bereitstellungspflichten. Gerade für schienengebundene Verkehre bieten diese API eine vielversprechende Möglichkeit, neue verkehrsmittelübergreifende Services leicht in die eigenen Angebote zu integrieren. Qualitätsgesicherte Informationen über Sharing-Angebote an Haltestellen, freie P&R-Parkplätze am Stadtrand oder die Belegung von Fahrradabstellboxen sind für Reisende so perspektivisch verfügbar.

Kommunen können sowohl technisch als auch organisatorisch beim Erfassen, Bereitstellen und Nutzen von Mobilitätsdaten von Mobidrom unterstützt werden. Die Nutzung zentral bereitgestellter Daten und Services spart in den einzelnen Kommunalverwaltungen Kosten und Zeit. Nicht zuletzt lassen sich die unterschiedlichen Mobilitätsbereiche unter Verwendung gebündelter Daten in Kommunen besser steuern, um umweltpolitische Ziele zu erreichen.

Hochschulen oder Startups können innovative Mobilitäts- oder Datendienstleistungen auf der Laufzeitumgebung mit direkter Anbindung an die Mobidrom Datenplattform betreiben. „Platform-as-a-Service“ bietet einen unkomplizierten Einstieg sowie entsprechende Performance-Vorteile. Ansätze aus Forschungsvorhaben und Open-Source-Initiativen können auch nach dem Auslaufen einer Anschubfinanzierung bzw. einer Projektförderung fortgeführt werden.

Bürgerinnen und Bürger erhalten einen besseren Überblick über Mobilitätsangebote und Umsteigemöglichkeiten im gesamten Land und haben so einfacheren Zugang zu intermodalem und klimafreundlichem Reisen. Bei Stau, Verspätung oder Ausfall eines Verkehrsmittels sind Alternativen schnell erkennbar.

 

Die Plattform wird Mobilitätsdaten und -services aus NRW auch mit der Mobilithek als Nationalem Zugangspunkt verbinden. Außerdem entstehen die Mobidrom Routing Services, über die Geschäftskunden künftig verkehrsmittelübergreifende Verbindungen über eine Schnittstelle abfragen und die Ergebnisse in ihre eigenen Auskunftssysteme integrieren können.

 

Die Plattform basiert auf einer modernen serviceorientierten Systemarchitektur mit Open-Source-Komponenten wie beispielsweise Kubernetes. Sie bringt bereits integrierte Schnittstellen mit und bildet die Grundlage für die Erweiterbarkeit um zukünftige API. Drittanbieter finden hierfür einheitliche, wohldefinierte und gut dokumentierte Schnittstellen vor. Einheitliche Formate reduzieren die Komplexität und machen die technische Integration weiterer Schnittstellen entsprechend effizienter. Für das optimale Verhältnis zwischen Datensicherheit, Performance und Verfügbarkeit der Mobidrom Datenplattform wird das System in einer Cloud-Umgebung in Deutschland betrieben.

Von Beginn an unterstützt die Plattform die fünf Standards GTFS/GTFS-RT, GBFS, MDS, TRIAS und DATEX II, um die (Echtzeit-)Informationen des ÖPNV und Shared-Mobility-Angebote sowie kommunale Regularien oder Daten aus der Mobilithek anzubinden. Technologie in Verbindung mit einer agilen Projekt­organisation ermöglicht ein offenes Ökosystem und somit auch kurzfristige Anpassungen auf aktuelle Branchenentwicklungen.

Zahlreiche Stakeholder haben die Datenplattform bereits während der Konzeptionsphase aktiv mitgestaltet und werden auch während der Entwicklungsphase eingebunden. „Friendly user Tests“ in frühen Entwicklungsstadien ermöglichen die kurzfristige Aufnahme von Rückmeldungen in die Entwicklungs-Pipeline.

Nach dem Go-Live im Jahr 2025 soll diese partnerschaftliche Zusammenarbeit weitergeführt werden – über die initiale Entwicklung hinausgehende Anforderungen werden identifiziert und darauf aufbauend neue Services und Schnittstellen implementiert. == 

Artikel Redaktion Eurailpress
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