DSB: Ende 2024 bringt Alstom die „Züge der Zukunft“
In Dänemark soll es vorbei sein mit den Pannen- und Pleite-Zügen der Vergangenheit. Nachdem im Lokomotivsektor bereits solide, erprobte Vectron-Lokomotiven von Siemens angeschafft wurden, kommt mit Elektrotriebzügen der Bauart Coradia Stream jetzt auch Alstom zum Zuge.
In der größten Zugausschreibung der dänischen Eisenbahngeschichte vergab die Dänische Staatsbahn (DSB) einen Rahmenvertrag im Gesamtwert von 2,6 Milliarden Euro. Im ersten Abruf wurden 100 Züge plus 15 Jahre Wartungsleistungen für 1,4 Milliarden Euro bestellt. Die Auslieferung unter dem DSB-Motto „Fremtidens Tog – Nye Tog“ (Züge der Zukunft – Neue Züge) soll im letzten Quartal 2024 beginnen und sich bis 2029 hinziehen. Diese neue Flotte wird nach ihrer Inbetriebnahme im Regional- und Schnellzugdienst verkehren und Dänemarks Frederikshavn-Region im Norden mit Rødby auf der südöstlichen Insel Lolland verbinden, wobei die Züge unterwegs die Hauptstadt København (Kopenhagen) passieren.
„Wir freuen uns natürlich sehr, dass DSB Alstom ausgewählt hat, um ihre ‚Züge der Zukunft‘ zu bauen. Dies festigt die Position von Alstom als zuverlässiger, weltweit führender Zughersteller der Wahl weiter. Gleichzeitig haben wir bereits eine Reihe von langfristigen Wartungsverträgen in ganz Europa, was bedeutet, dass wir über ein robustes Service-Setup verfügen, das die Zuverlässigkeit der Flotte unterstützt“, sagte Rob Whyte, Managing Director von Alstom Nordics. Der Coradia Stream für die DSB wurde speziell an die Bedürfnisse des dänischen Schienennetzes angepasst und sorgt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h für eine schnelle Mobilität im gesamten Land.
Jeder Triebzug besteht aus fünf einstöckigen Wagen mit einerSitzplatzkapazität für insgesamt 300 Fahrgäste. Die Züge werden an Bord mit dem Atlas-System ETCS Baseline 31 von Alstom sowie einer STM2-Schnittstelle vorgerüstet, die den Betrieb mit Dänemarks altem Signalsystem ermöglicht. „Nach seiner Inbetriebnahme wird Coradia Stream ein außergewöhnliches Reiseerlebnis bieten. Dieser moderne, hochwertige und stilvolle Elektrozug vereint Innovation, Nachhaltigkeit und hohen Komfort – etwas, das wir mit Freude den Passagieren in Dänemark präsentieren“, sagt Rob Whyte. Coradia Stream ist ein hochmoderner Niederflur-Hochleistungs-Elektrotriebzug (EMU).
Vorqualifiziert hatten sich 2018 in der Ausschreibung die Hersteller Stadler, Alstom, Bombardier und Siemens. Alstom und Bombardier sind inzwischen fusioniert. Stadler hatte sich nach Angaben des Schweizer Tagblatt Hoffnungen auf einen Zuschlag gemacht. Zwar hatte das Ostschweizer Unternehmen per Ende 2020 dicke Auftragsbücher im Umfang von 16,1 Milliarden Franken, das Drei- bis Vierfache eines Jahresumsatzes. Doch im März 2021 habe Firmenchef Peter Spuhler geäußert: „Einige unserer zwölf Werke haben noch Kapazität frei und können noch den einen oder anderen Auftrag gebrauchen.“ Allerdings hatte Stadler im laufenden Jahr bereits Aufträge der spanischen Renfe, aus der Region Neapel und von der serbischen Staatsbahn Srbija Voz gewonnen, so dass der Schmerz sich wohl in Grenzen hält.
Der für die DSB konzipierte Zug beruht auf einer vielseitigen Plattform für den Regional- und Intercity-Verkehr. Coradia Stream bietet ein modulares Design, das es Betreibern ermöglicht, die Konfiguration und das Interieur auszuwählen, die am besten für ihren Markt und ihre Geschäftsstrategie geeignet sind. Insgesamt wurden bereits fast 400 Züge auf Basis der Coradia Stream-Plattform von Italien, Luxemburg und den Niederlanden bestellt, wodurch die Züge ein bewährtes Produkt sind, betont Alstom. Die Plattform bietet emissionsfreie Lösungen wie Batterie oder Wasserstoff für nicht elektrifizierte Leitungen. Eine spezielle Hochleistungslösung rundet das Portfolio ab.
Darüber hinaus berücksichtigt der nachhaltige Serviceansatz von Alstom den gesamten Lebenszyklus des Produkts, vom ersten Entwurf bis zum Ende der Lebensdauer, wodurch der Wert der Vermögenswerte von DSB maximiert wird. Alstom wird die Züge für DSB an seinem Standort in Salzgitter, Deutschland, montieren. Für ihre Wartung baut die DSB zwei neue Werkstätten in Aarhus und Kopenhagen.
Dänemarks Staatsbahn hatte mit Fahrzeugkäufen in den letzten Jahren Pech gehabt. Jahrzehntelang hatten sie fast nur noch Triebwagen beschafft, die im Prinzip wirtschaftlicher eingesetzt werden können als klassische Züge mit Waggons und Lok. Allerdings musste dadurch auch bei kleineren Störungen der gesamte Zug aus dem Verkehr gezogen werden, Folge war Fahrzeugmangel. Denn die „neuen“ IC4-Triebwagen, die sie beim italienischen Hersteller AnsaldoBreda beschafft hatten (seit 2015 Hitachi Rail Italia), erwiesen sich als dauerhaft nicht betriebsfähig. So fuhren auch nach der Inbetriebnahme der elektrischen Oberleitung im Frühjahr 2017 zwischen Esbjerg und Lunderskov dort weiterhin Dieseltriebzüge – wegen fehlender E-Fahrzeuge. Auch die IC2-Dieseltriebzüge vom gleichen Hersteller sollten 2004/2005 geliefert werden, doch die Lieferung begann erst 2012. Die Fahrzeuge erreichten ähnlich den IC4-Triebzügen nicht das für die Betriebsstabilität gewünschte Niveau. (red./al/hfs)